Rezension

Various
IOTDXI
Highlights: I Only Know (What I Know Now) // Bohla // Lightmeters // Shader // U-29
Genre: Electro
Sounds Like: Martyn // Scuba // Modeselektor // Rustie // Machinedrum // Sepalcure // Bullion // James Blake // Blawan // Martyn // Flying Lotus // Radiohead
VÖ: 11.11.2011

Pariah, Lone, Untold, Blawan, Space Dimension Controller und natürlich James Blake, dies sind alles Künstler, die in den letzten 18 Monaten auf R&S Records veröffentlicht haben, und deren Tracks sich jetzt zudem auf der Label-Vor- und -Rückschau „IOTDXI“ wiederfinden. Wären nicht Blawans „What You Do With What You Have / Vibe Decorium“-Maxi, James Blakes EPs und Space Dimension Controllers Quasi-Album “The Pathway To Tiraquon 6” genug Empfehlung für Label und Compilation, suggeriert obige Namensliste, „IOTDXI“ sei ein sicherer Blindkauf (und um dies festzustellen, bedarf es nicht der Presse-Information zur Compilation). Obwohl nicht falsch, ist solch Euphorie doch ein wenig übertrieben.
Natürlich findet sich auf „IOTDXI“ nichts wirklich Schlechtes, aber es ist halt auch nicht alles unbedingt spektakulär. Zudem leidet die Doppel-CD unter der impliziten Inkonsistenz einer jeden Compilation, was dann zum Beispiel dazu führt, dass in der Rückschau der ersten Hälfte von „IOTDXI“ James Blakes „CMYK“ und „I Only Know (What I Know Now)“ zwischen einerseits Lone und Pariah und andererseits nach Untold fast unpassend erscheinen. Außerdem wirkt in ihrem Schatten manches mittelmäßig, was es eigentlich nicht ist. Immerhin folgt im zweiten Fall Cloud Boats' „Lions On The Beach“ stimmungstechnisch ähnlich zurückgelehnt und rhythmisch akzentuiert auf Blakes geisterhafte Verschmelzung von Gesangs- und Pianolinien, leidet aber eben gerade unter dessen übermächtiger Präsenz. Ebenfalls über atmosphärischen Hintergründen entfaltet sich der galaktische Funk des Space Dimension Controllers, der in direkter Nachfolge von Cowboy-Bebop- und Captain-Future-Soundtracks steht, aber rhythmisch doch eher das Heute bedient. Auch Vondelpark präsentiert mit seinen „Camels“ ein souliges Electro-Experiment, in dem jedoch die durchschnittliche Qualität der Beats hinter jener der Vocals deutlich zurücksteht. Space Dimension Controller ist nicht der einzige, der auf „IOTDXI“ einen gewissen SciFi-Funk vertont. Auch Bullions Rivertrance Mix für Model 50s „OFI“ fällt in diese Kategorie, gehört bei aller treibender Intensität aber zudem zu den nicht vollends überzeugenden Stücken. Ähnliches gilt im weiteren Verlauf der Rückschau auf die letzten 18 Monate noch häufiger. Die Qualität des R&S’schen Labelkatalogs verdeutlicht jedoch ohne jede Einschränkung The Chains „Lostwithiel“, dessen elliptische Loops in seinen Bann ziehen. Ebenso unbedingt reißen Lones versetzte Beatwirbel in „Coreshine Voodoo“ mit, und die brutalen Bässe von Blawans „Bohla“ sind eh über jeden Zweifel erhaben.
Ähnlich lässt sich auch über die exklusive Seite der Compilation urteilen. Space Dimension Controllers „The Birth Of A Feeling“ ist blubbernd ambienter Funk, die experimentell verrauschten Rhythmen von Pariahs „Left Unsaid“ erheben sich gen Ende ebenfalls in galaktische Weiten und auch das Ambiente von Klaus „Tarry“ evoziert die Weiten des Raums. Wenig spannenden Funk wiederum lässt Bullion erklingen. Nett, aber kaum bemerkenswert.
Unter den ambienten Stücken beider CDs von „IOTDXI“ gehört Airheads „Lightmeters“ sicherlich zu den interessantesten in seiner verzerrten und verhallten Trägheit, die – sicherlich nicht ungewollt – Assoziationen zu Radiohead hervorruft. Am anderen Ende des rhythmischen Spektrums thronen die Beiträge von Lone, Blawan und Untold. Letzterer präsentiert mit „U-29“ einen kriegerisch stampfenden, unterseeischen Videospiel-Track, während Lones „Cobra“ mit karibischer Perkussion und giftigen Acid- und Rave-Elementen zu punkten weiß. Blawan wiederum gibt mit „Shader“ einen synkopierten Track, der nicht nur Dank als Rhythmusinstrument genutztem Flötenhall überzeugt.
Um es klarzustellen, „IOTDXI“ ist – trotz Mangels an innerer Spannung und Zusammenhang – eine wirklich gelungene Compilation. Angemerkte Unzulänglichkeiten sorgen jedoch dafür, dass manch ein Track nicht so zu wirken vermag, wie er es könnte. Die Qualitäten der Compilation sind immer noch genug, um einen Blindkauf zu rechtfertigen, aber wer sich von bestimmten Künstlernamen beeindrucken lässt, könnte enttäuscht werden.
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