Rezension

The National

Sleep Well Beast


Highlights: Day I Die // The System Only Dreams In Total Darkness // Empire Line // I'll Still Destroy You // Guilty Party
Genre: Indie
Sounds Like: Interpol // Nick Cave & The Bad Seeds // EL VY

VÖ: 08.09.2017

Über die siebte Platte von The National, “Sleep Well Beast”, wird zur Zeit viel gesprochen und geschrieben. So gut wie immer handelt es sich dabei um Lob, nur vereinzelt gibt es negative Kritik. Beispielsweise von Karl Rove, dem ehemaligen stellvertretenden Stabschef des Weißen Hauses, der die Verwendung eines seiner Zitate in “Walk It Back” sicherlich nicht gerne sieht, das Lied nicht leiden kann und nicht davon ausgeht, dass es die amerikanischen Top 40 erreichen wird. Man kann als Künstler tausende wohlgemeinte Rückmeldungen bekommen, trotzdem wird wahrscheinlich keine ein so großes Kompliment enthalten, wie von einem Menschen wie Karl Rove nicht gemocht zu werden. Es zeigt, dass man einiges richtig macht.

"Einiges" ist eigentlich sogar zu reserviert ausgedrückt, denn mit “Sleep Well Beast” machen The National alles richtig und schließen nahtlos an ihre makellose Diskografie an. Das ließen schon die Vorab-Veröffentlichungen “The System Only Dreams In Total Darkness”, “Guilty Party” oder “Day I Die” erahnen. “Guilty Party”, in dem Berninger das fiktive Zerbrechen seiner Ehe umreißt, ist dabei auch inhaltlich als Vorbote für das gesamte Album zu sehen, da “Sleep Well Beast” sich um die Probleme und Schwierigkeiten innerhalb einer Ehe dreht und damit einen logischen Schritt in der Entwicklung der Band darstellt. The National werden wahrscheinlich nie eine unbeschwerte Platte herausbringen, Themen wie Einsamkeit, Traurigkeit und Unzufriedenheit ziehen sich wie ein roter Faden durch ihre Lieder. In früheren Werken ging es jedoch oftmals um Ausprägungen dieser Probleme, mit denen sich die Endzwanziger unter den Hörern identifizieren konnten, während das Motiv von “Sleep Well Beast” nun eher von Leuten mittleren Alters nachvollzogen werden kann.

Aber auch musikalisch ist eine Entwicklung zu erkennen, auch wenn das Grundgerüst der Band um die Kompositionen der Dessner-Brüder und die Stimme Berningers selbstverständlich wieder zu erkennen ist. Trotzdem, instrumental wurde auf “Sleep Well Beast” durchaus experimentiert. So wirkt “Turtleneck”, welches Berninger als Reaktion auf den Wahlsieg Trumps bezeichnet, erstmal recht untypisch für die Band. Laute, voranpreschende Drums gepaart mit rauen Gitarrenklängen sind jedenfalls nicht die ersten Assoziationen, die man mit The National hat. Aber auch “I’ll Destroy You” oder “Sleep Well Beast”, deren elektronischere Klänge durchaus von Radiohead hätten stammen können, betreten eher unbekanntes Terrain.

Was das Album jedoch am besten macht, ist die Vielfalt der Lieder – eine Mischung aus klassischen The-National-Songs und experimentelleren Ansätzen. Und für die wirklich alteingesessenen Fans lassen sich auch noch immer wieder kleine nostalgische Momente finden, etwa die Erwähnung von Valentine Jester, den man schon aus “Val Jester” kennt, oder Lawrencetown, genannt in “Anna Freud”. Am Ende stehen zwölf wunderschöne Titel, die allesamt sehr wahrscheinlich nicht in den amerikanischen Top 40 landen werden. Und das ist auch gut so.

Lewis Wellbrock

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Video zu "Day I Die"
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