Rezension

Coheed & Cambria

The Year Of The Black Rainbow


Highlights: The Broken // World Of Lines // Made Out Of Nothing (All That I Am)
Genre: Emo // Rock
Sounds Like: Thin Lizzy // Kaddisfly // The Dear Hunter

VÖ: 09.04.2010

Vielleicht sollte Claudio Sanchez die Dinge einfach mal beim Namen nennen. Der Mann hat Talent, keine Frage. Er zeichnet fantastische Comics, bringt demnächst seinen ersten Roman heraus und schafft es als Chef von Coheed & Cambria auch noch, den passenden Soundtrack beizusteuern. Die Hälfte seiner Band hat inzwischen die Flucht ergriffen – aus persönlichen Gründen, wohlgemerkt. Und die einstigen Tourpartner JR Ewing traten breit, man wolle doch um Gottes willen bitte nicht so enden wie Coheed & Cambria und lösten sich kurzerhand auf. Gute Presse für Claudio Sanchez war das nicht. Ist der Mann jemand, dessen Ego aus Erfolgsgründen mit ihm durchgegangen ist?

Jedenfalls ist er inzwischen verheiratet und betreibt einen Comic-Verlag. Und sagt über „Year Of The Black Rainbow“, dass reale Beziehungen inzwischen so elementar geworden wären, dass es unwichtig wäre, der von der Band erzählten Geschichte zu folgen. Es sei ja genauso spannend, der Band zuzuhören, wie sie großartige Rocksongs spielt.

Bitte was?!? Lieber Claudio, wozu der heiße Brei: Bist du einfach zu alt für den Scheiß? Deine neue Platte zumindest legt genau diese Vermutung nahe. Prog? Was ist das, kann man das essen? Da können sich Joe Baresi und Atticus Ross als Schwergewichte des Rockproduzententums die Daumen wund drehen: „Year Of The Black Rainbow“ ist eine Platte, die nach dem Ruhestand schreit. Einst beim Sturm auf den Prog-Thron ganz vorn mit dabei, tauscht die Band ihre Lanzen der ersten Reihe gegen Feuerzeuge fürs Stadion. Oder wie sonst sind in lauwarmen Wassern gewaschene Halbballaden wie „Far“ zu rechtfertigen, die ohne nennenswerten Höhepunkt am Fan vorbei plätschern?

Per se müssen dabei nicht schlechte Songs entstehen: Coheed & Cambria machen ihre Sache solide. Ja, da ist es gefallen, das Wort für Bands, die über ihren Zenit sind. Das knallende „World Of Lines“ oder bandtypische Hymnen der Sorte „The Broken“ darf man so durchwinken. Doch waren derartig geradlinige Rocker bis dato die Nummern, die die kompositorische Freude dieser Band ein wenig auflockerten. Jetzt ist zum Auflockern kein Grund mehr, ist ja auch nicht anstrengend. So reicht's zwar noch zur Punktlandung auf der Messlatte des Durchschnitts, aber die ersten Platten der Band im Hinterkopf: Kann – nein – darf das das Ziel gewesen sein? Claudio, mal unter uns: die Sache mit der Geschichte, die war tatsächlich spannender. Und zwar ein ganzes Stück.

Gordon Barnard

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