Rezension

Coheed & Cambria

Good Apollo, I'm Burning Star IV Volume 2: No World for Tomorrow


Highlights: No World For Tomorrow // The Hound Of Blood And Rank // III - The End Complete // V - On The Brink
Genre: Emo // Progrock // Metal
Sounds Like: The Mars Volta // Brand New // The Used // The Fall Of Troy

VÖ: 19.10.2007

Wer kennt aus seiner Kindheit nicht "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende? Die übergewichtige, nerdige aber sympathische Leseratte Bastian Balthasar Bux stiehlt ein Buch, begeistert, dass dieses den Titel "Unendliche Geschichte" trägt und er es daher kaum so schnell ausgelesen haben wird wie alle anderen Bücher. Zunächst scheint dieses Buch ausschließlich den Krieger Atreyu zu behandeln, der die Welt Phantasiens vor dem Nichts retten soll, doch wird im Laufe des Buches Bastian selber in das Buch gesaugt und wird ein Teil der Geschichte.

Was das mit Coheed & Cambria zu tun hat? Nun, auch die Alben des Quartetts aus New Jersey erzählen eine epische Geschichte, auch wenn diese in einem Science-Fiction-Setting spielt und nicht Atreyu, sondern Claudio - Namensähnlichkeiten mit Claudio Sanchez, dem Sänger der Band, sind ganz bestimmt rein zufällig - Kilgannon, Sohn von Coheed und Cambria Kilgannon, die Hauptrolle spielt. Und während Bastian Balthasar Bux in die Geschichte gesaugt wird, saugen Coheed & Cambria den Hörer auch mit ihrem mittlerweile vierten Album statt nach Phantasien in eine Klangwelt irgendwo unter den Sternen Emo, Progrock, Metal und Poppunk.

Und wie es sich für ein ordentliches Epos gehört, startet "Good Apollo, I'm Burning Star IV, Vol II: No World For Tomorrow" mit einem Prolog, auch wenn man so etwas auf einer CD wohl "Intro" nennt. Claudio Sanchez, nur begleitet von einer Akustikgitarre, kündigt bedrohlich an: The world will now learn of change to come...or no world. Das darauf folgende, konsequent "No World For Tomorrow" betitelte Werk beinhaltet mit einem donnernden, von einem Chor herausgebrüllten Raise your hands high! die wohl mächtigste Bridge der Bandgeschichte, "The Hound Of Blood And Rank" nimmt zu Beginn beinahe Pink-Floyd-artige Züge an. Beide Stücke jedoch vereinen wieder eines der bemerkenswerten Kriterien der Band: Melodiös und abwechslungsreich genug für alle, die nichts mit Prog anfangen können, doch wahrscheinlich immer noch zu verstrickt und klug produziert, um jemals den Gelegenheits-Musikhörer zu erreichen. Anders hingegen die Vorabsingle "The Running Free", die mit klassischem Strophe-Refrain-Strophe-Schema und den gelegentlich "Oh-oh-oho-oh-"Chants geradezu nach Radio-Airplay schreit.

Diese Entwicklung zu mehr Pop-Appeal war nach dem Erfolg des Vorgängeralbums, das in den USA immerhin Platz #7 der Albumcharts erreichte, abzusehen und zeichnet sich auch auf anderen Stücken ab. "Feathers" ist eine waschechte, aber dennoch erfreulich unpeinliche Powerballade, auch "Mother Superior" schafft diesen Spagat sogar trotz Streicheruntermalung. Allzu übergreifend ist die "Verpoppung" jedoch glücklicherweise nicht: Auf "Gravemakers & Gunslingers" hinterlassen eher 70er-Rock-Revival-Bands wie Wolfmother ihre Spuren, bei "Justice In Murder" nähern sich Coheed & Cambria eher wieder dem metallastigen ersten Teil des "Good Apollo, I'm Burning Star IV"-Albenduos an. Auch das mehrteilige Opus zum Schluss, das seit "In Keeping Secrets Of Silent Earth: 3" Gang und Gäbe ist, darf natürlich nicht fehlen. "The End Complete" besteht aus fünf Teilen, wird von einem eigenen Instrumental-Intro eingeleitet und enthält mit dem fast achtminütigen, monumentalen "III - The End Complete" einen Querschnitt durch das gesamte musikalische Spektrum Coheed & Cambrias. The worlds have now learnt of the worst yet to come [...] please drive me home one last time heißt es schließlich in "V - On The Brink", bevor das Stück ohne Vorwarnung kurzweilig explodiert, um das Album dann mit Klavier, Powersolo und Orgel zu beenden.

Beendet wird hiermit aber nicht nur das Album, sondern auch die "Amory Wars", die Geschichte, die Coheed & Cambria erzählen. Nur der Anfang der Story steht noch aus und wird auf dem nächsten Album "nachgereicht" werden, welches dann möglicherweise nicht nur das Ende der Saga, sondern auch der Band markiert. Und hier wird auch deutlich, was die Amory Wars trotz aller Gemeinsamkeiten von Michael Endes Meisterwerk unterscheidet: Coheed & Cambrias Geschichte ist nicht unendlich. Leider.

Jan Martens

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