Rezension

The Twilight Sad
Forget The Night Ahead
Highlights: I Became A Prostitute // Seven Years Of Letters // The Room // That Birthday Present
Genre: Shoegaze // Postrock
Sounds Like: Mogwai // My Bloody Valentine // Aereogramme // The Strange Death Of Liberal England
VÖ: 09.10.2009

2007 war "Fourteen Autumns And Fifteen Winters" unser Debütalbum des Jahres. Floskeln wie "shoegazende Mogwai" wurden passenderweise zur Bezeichnung des Sounds der Schotten gebraucht, dessen Beschreibung spontan etwas wiedersprüchlich klingen mag: Viel Lärm gepaart mit einer großen Portion Melancholie. Nach diesem vermeintlichen Spagat schaffen es The Twilight Sad auf "Forget The Night Ahead", die Beine gar noch weiter zu spreizen und gleichzeitig noch rotweingetränkter und noch lauter zu werden. Und - was das wohl interessanteste ist: Sie werden sogar noch besser.
Dies zeigt sich zum einen konkret daran, dass einer der - so ist zu vermuten - ältesten Songs des Albums (das bereits als "Untitled 28" auf dem nur auf Konzerten veröffentlichten Minialbum "Killed My Parents And Hit The Road" vertretene "The Neighbours Can't Breathe") zu seinen schwächsten Stücken gehört, zum anderen macht sich die immense Qualität der Platte jedoch dadurch bemerkbar, dass man im Gegensatz zum Vorgänger wirklich keinen Song als Füllmaterial oder uninteressant bezeichnen kann.
Das beginnt schon mit dem Opener "Reflection Of The Television", das - ähnlich wie häufig im Debüt - seine Lärmwand noch bis zum Ende des Songs zurückhält und durch seinen bassigen Rhythmus und den Hall, der auf die Vocals gelegt wird, besonders bedrohlich wirkt. "Vocals" ist sowieso auch auf "Forget The Night Ahead" wieder ein wichtiges Stichwort: Im heutigen Musikgeschäft gibt es wohl kaum einen Fall, wo der der eventuelle Akzent des Sängers so perfekt zur Musik seiner Band passt wie James Grahams erdige, raue, rustikal wirkende schottische Aussprache - die in "Floorboards Under The Bed" ganz besonders dadurch ins Rampenlicht gerückt wird, dass die erste halbe Minute des Stücks ausschließlich a capella gestaltet ist.
Auch tragen (unter anderem) Grahams Organ und seine Gesangslinien auf Stücken wie "Seven Years Of Letters" dazu bei, dass die Songs auf "Forget The Night Ahead" zusätzlich noch deutlich melodieverliebter wirken als auf dem manchmal etwas rumpeligen Vorgänger, was in Anbetracht der beinahe omnipräsenten Lautstärke vielleicht noch bemerkenswerter ist - so wirkt die einzelne kleine Klaviernote in "The Room" ungefähr zugleich so schön und hilflos wie ein Reh, das friedlich grast, während hinter ihm ein Waldbrand wütet. Wenn dann auch das finale "At The Burnside" in einem Feedbackgewitter untergeht, stellt man sich unausweichlich die Frage, ob The Twilight Sad auch auf Album #3 Melancholie und Lärm weiterhin so einzigartig kombinieren werden können - und ob sie noch einmal eine Spur besser werden wollen. Das wäre dann wirklich beängstigend.
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