Rezension

Russian Circles

Geneva


Highlights: Geneva // Malko // Philos
Genre: Postrock
Sounds Like: Mogwai // Mono // And So I Watch You From Afar

VÖ: 30.10.2009

Manchmal tut's dem Rezensenten gut, wenn er die Besprechung eines Albums einer Postrockband mal nicht mit einer neuen Umschreibung der Problematik „Klingt ja eigentlich doch alles gleich“ beginnen muss. Bei Russian Circles nämlich drängt sich die Metaphorik geradezu auf, die benutzt werden will, um eine mehr oder weniger relevante Unterscheidung zwischen dem Trio aus Chicago und anderer Vertreter des Genres zu beschreiben: Während anderswo gerne aus ruhigen Gewässern brausende Sturmfluten heraufbeschworen werden, hantieren Russian Circles lieber gleich mit dem Wasserwerfer, anstatt langsam die Wall Of Noise zu pflastern, kippen dir Russian Circles lieber mit dem Schaufelbagger 'ne ganze Ladung Ziegelsteine auf den Kopf. Oder, klarer ausgedrückt: Hier bollert's deutlich mehr als bei einem Großteil der Konkurrenz.

Bereits der Opener „Fathom“ verdeutlicht dies, flimmert im Hintergrund von der ersten Sekunde an bedrohlich wie ein Kernkraftwerk kurz vor der Explosion, entdeckt die Bassdrum als wichtigstes Teil des Drumsets und lässt die Bässe knarzen, als wolle man mit den erzeugten Geräuschen nebenbei noch Bäume fällen. Auch „Geneva“ macht in dieser Tradition weiter, evoziert dunkel aufziehende Wolkenwände und lässt diese nur von blitzend-schrillen Gitarren unterbrechen. Warum hier der Sitz der UNO Namenspate für Song und Album war, ist eine Frage für sich, denn wirklich friedlich-diplomatisch klingt das nicht.

Nach dem Titeltrack schleicht sich jedoch in der Tat mehr Harmonie in „Geneva“ ein: „Melee“ wirkt bereits durch seine siebeneinhalb Minuten Spieldauer verdächtig nach Klischeepostrocksong und erscheint dann mit ruhigen Gitarren und Streicherparts tatsächlich in den ersten Minuten etwas seicht; auch „Hexed All“ wirkt eher wie ein Soundtrack für eine Dokumentation über Landschaftsmalerei – qualitativ hochwertig, jedoch die besondere Note der Band etwas vermissen lassend. Die abschließenden „When The Mountain Comes To Muhammad“ und „Philos“ wiederum konzentrieren sich zwar auch auf allseits bekannten Spannungsaufbau, schaffen es dabei jedoch auch wirklich, über die gesamte Dauer der Songs interessant und eben auch spannend zu bleiben.

Schlussendlich ist es jedoch „Malko“, das sich durch seine Originalität letzte lobende Erwähnungen und seinen eigenen Absatz verdient: Übliche Postrockreferenzen greifen hier kaum noch, stattdessen bieten sich eher genreverwandte Instrumentalbands wie And So I Watch You From Afar zum Vergleich an: Epileptisch wirbeln die Gitarrenriffs durch den Song und stecken nach und nach auch die Drums mit ihrer Quirligkeit an. Es sind Songs wie diese, die Russian Circles besonders machen – zumindest, bis auch sie, wie jede gute Band, irgendwann kopiert wird. Dann geht das mit den Problemen für den Rezensenten wieder los.

Jan Martens

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