Rezension

Los Campesinos!

No Blues


Highlights: For Flotsam // Avocado, Baby
Genre: Indierock
Sounds Like: Fight Like Apes // The Hidden Cameras // Architecture In Helsinki

VÖ: 08.11.2013

Stell dir die zuckerigste, klebrigste Süßigkeit der Welt vor, den Karies-Garanten, der jedem Zahnarzt die Eurozeichen in die Augen schnellen lässt. Jetzt stell dir vor, dieses Verbrechen an der Gesundheit würde einer Generalüberholung unterzogen: chemische Zusätze durch natürliche Geschmacksstoffe ersetzt, Zucker durch diättaugliche Süßstoffe. Deutlich löblicher, deutlich gesünder – aber mal ehrlich, hättest du noch soviel Lust drauf wie früher? Wenn du jetzt „ja“ rufst, ist „No Blues“ etwas für dich.

Was war „Hold On Now, Youngster...“ im Jahre 2008 doch ein Fest – ein Kindergeburtstag des Indiepop, um genauer zu sein, voller herrlich alberner Titel und Texte, hibbeliger Melodien und Geschrei. Sinnbild der Veränderung von Los Campesinos! mag nun sein: Aus 12 Songs mit Xylophon, dem Herzstück jeder Kindergarten-Big-Band, sind genau 0 geworden. Am deutlichsten hält auf „No Blues“ noch das herrlich bescheuerte Musikvideo zu „Avocado, Baby“ die Fahne der Infantilität hoch – was auch wie Arsch auf Eimer zu einem Song passt, der mit Kinderchor, schlauen Gemüsemetaphern und einem Kele-Okereke-Soundalike auch auf „Hold On Now, Youngster...“ eine tolle Single abgegeben hätte.

Klar, ab einem bestimmten Alter schadet es mit Sicherheit nicht, dem Kind in einem selbst immer öfter Hausarrest zu verpassen. Auch ist „No Blues“ wohl nun die erste Wahl, um Los Campesinos! Leuten, die nicht genauso durchgeknallt sind wie man selber, schmackhaft zu machen. Und doch möchte man sich lieber noch einmal mit „Hold On Now, Youngster...“ die Gesundheit aufs Spiel setzen, als auf die kalorienärmere Variante umzusteigen. Wenn schon Zuckerschock, dann doch bitte richtig.

Jan Martens

Sehen


Video zu "Avocado, Baby"

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!