Rezension

De Staat

O


Highlights: Make The Call, Leave It All // Get On Screen // Systematic Lover
Genre: Alternative Rock // Experimental // Soul
Sounds Like: Queens Of The Stone Age // Nick Cave // Triggerfinger

VÖ: 22.01.2016

Als De Staat 2013 ihr drittes Album veröffentlichten, schien es, als seien die Holländer irgendwo angekommen, was beim traditionell verqueren Sound des Quartetts schon etwas heißen will: „I_Con“ war die perfekte Auflösung des stilistischen Wirrwarrs, in das sich De Staat 2011 auf „Machinery“ willentlich begeben hatten, um die Grenzen zu testen und zu schauen, was so geht. Was da schon unerhört gut, wenn auch ein wenig ungeordnet klang, bekam auf „I_Con“ Form, Stringenz und einen gut gefütterten Teppich aus Retro-Synthesizern, der dem Ganzen den letzten Schliff und eine zusätzliche Infusion Irrwitz verpasste. Kurz: 2013 konnte man den Eindruck gewinnen, es stünde erstmals fest, wie De Staat denn eigentlich klingen.

Höchste Zeit für Blendgranaten: Auf der EP „Vinticious Versions“ von 2014 klangen bekannte Songs auf einmal, als seien sie in einem Spezialladen für krude Instrumente aus aller Welt neu aufgenommen worden. Die klare Botschaft: Wir können auch noch anders. Umso drängender wurde die Frage, wie denn nun Album Nummer vier ausfallen würde. Die vermeintliche Antwort gibt „O“ im Opener „Peptalk“: Rumpelnder Beat, ein Gitarrenlick wie aus der Nervenheilanstalt, schräge Synths, bissige Lyrics – was vor drei Jahren gut auf „I_Con“ Platz gefunden hätte, kann jetzt nicht verkehrt sein. Auch Songs wie das schummrige „Murder Death“ und der Techno-goes-Rockband-Track „Get On Screen“ stehen deutlich in der Tradition des Vorgängers und schrauben den Synth-Anteil noch ein Stück höher. Mit „Life Is A Game (Ladadi Ladadada)“ steht sogar ein Nachfolger zum wilden „Witch Doctor“ von „I_Con“ parat, mit dessen Musikvideo De Staat im vergangenen Jahr einen kleinen Viral-Hit landen konnten. Eine reduzierte Poprock-Nummer wie „Make The Call, Leave It All“ ist dagegen schwerer auf Vorangegangenes zurückzuführen: Ein Hauch von Classic Rock, lässiges Falsett im Refrain und das Ganze so tight, dass Prince es auf der Bühne tragen könnte – so reduziert und dabei gefällig im besten Sinne waren De Staat bisher selten.

Apropos Reduktion: Die größte stilistische Eigenart von „O“ dürfte der Hang zum Weglassen sein. Das lakonische „Systematic Lover“ und das Motorik-Lehrstück „Help Yourself“ etwa sind nur spärlich instrumentierte Song-Skelette, die dennoch ihre völlig unterschiedlichen Wirkungen nicht verfehlen. In „Blues Is Dead“ nehmen sich De Staat dann auch die Mutter aller musikalischen Reduktion zur Brust, tragen sie in einer grotesk hüftsteifen Prozession zu Grabe und treten nochmal nach: „I got 99 solutions and the blues got none“. Wie ernst man sie dabei nehmen sollte? Schwer zu sagen. Unter den Dingen, die sich im De-Staat-Kosmos nicht geändert haben, ist auch, dass die Holländer mit ihrer Mischung aus Pop-Appeal, Kunstanspruch, Ironie und hemmungsloser Beklopptheit nach wie vor völlig unverwechselbar und eigenständig sind. Entsprechend ist „O“ am Ende trotz des unerwartet deutlichen Anknüpfens an den auf „I_Con“ etablierten Stil das, was das Cover verspricht: eine runde Sache.

David Albus

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