Rezension

De Staat

I_Con


Highlights: All This Dull // Devil's Blood // Make Way For The Passenger // Down Town
Genre: Alternative Rock
Sounds Like: Queens Of The Stone Age // dEUS // Triggerfinger

VÖ: 13.09.2013

Was waren das noch Zeiten: Früher, also so um die Zeit, in der Musiksoftware noch nicht so weit war. Ja, Kinder: Wenn ein Sänger da eine Platte aufnehmen wollte, da musste er – festhalten! – singen können. Heute alles anders. Da pitcht einem Autotune schiefe Töne gerade und ProTools rückt schlecht getimte Anschläge in den Takt. Völlig wumpe, wenn du nix kannst. Merkt auf der fertigen Platte keine Sau. Oh, du schönes Zeitalter der Hochtechnologie! Und was machen nun De Staat? Allen ernstes? Ja: Die Niederländer beginnen ihr drittes Album mit einem Verspieler. Der Opener heißt "My Bad". Er dauert acht Sekunden.

Da ist das Grinsen schon im Gesicht, bevor "I_Con" überhaupt loslegt. Und dort bleibt es auch über diese 47 Minuten. Denn De Staat verkacken danach nicht ein einziges Mal mehr. Im Gegenteil: Ihr drittes Werk ist ihr am besten produziertes. Und sogar ausgefuchster als ihr Debüt und grooviger als die Bauchplatte "Machinery". Bemerkenswert ist "I_Con", weil De Staat darauf selbstverständliche Konventionen aufbrechen. Eine darunter: Ohrwürmer pflanzt der Gesang ein.

Auf dieser Platte sind es diese Gitarrenmelodien, die sich im Oberstübchen einnisten. Sei es gleich das furzend groovende "All This Dull", sei es das verstörend kaputte "Witch Doctor" oder sei es "Down Town", in dem die Band durchdreht wie ein Zirkusclown auf Speed: Es wimmelt hier von krummen, quirligen Sechssaitern, die in deinem Kopf herumhoppeln, die du mitsummst, die dich nicht mehr loslassen. Dazwischen surren merkwürdig futuristische Keyboards. Und wie das alles in die Beine geht! Im völlig bekloppten "Make Way For The Passenger" möbeln De Staat dieses Konstrukt sogar noch mit Sprechgesang, Sitar und 80er-Synthie auf. Und machen ausgerechnet diese Nummer zur Single. Herrje, sind die durch!

Auch wenn sich diese Fünf im letzten Viertel ein wenig besinnen: "I_Con" ist verspielt, übergeschnappt und wunderbar verrückt – es macht schlichtweg Laune. Es ist eine dieser Platten, denen man anhört, welchen Mordsspaß die Band da im Studio hatte. De Staat ist der Kunstgriff geglückt, ihre Experimentierwut aufs Maximum zu steigern, ohne Erdigkeit und Pop-Appeal zu opfern. Ihre stärkste Platte bis dato. Was bei ihrem tollen Debüt schon was heißen will. AutoTune lief über diese Platte nie. Garantiert nicht.

Gordon Barnard

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Lyric-Video zur irren Single "Make Way For The Passenger"

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