Rezension

Bloc Party

Intimacy


Highlights: Mercury // Halo // One Month Off // Better Than Heaven
Genre: Indie-Rock // Elektro-Rock
Sounds Like: Editors // Foals // The Futureheads // Biffy Clyro // Joy Division

VÖ: 24.10.2008

Als die Welt noch eine heile war und nicht so schnelllebig wie die von heute, in der eine Band, hat sie zuvor eine heiße EP herausgebracht, schon bei ihrem ersten Album Schnee von gestern sein kann, hieß es stets, dass das dritte Album das entscheidende wäre. Denn mag nach einem fantastischen Debüt der Nachfolger noch gespannt aufgenommen werden: Floppt dieser, interessiert sich für das Dritte im Bunde normalerweise kein Schwein mehr. Dazu kommt, dass sich nur jene Musiker ernst- und dauerhaft im Geschäft etablieren können, die sich nicht auf ihren kreativen Lorbeeren ausruhen und sich nur noch selbst kopieren, sondern auch neue Ideen erfolgreich realisieren können, was spätestens auf eben jenem Album #3 geschehen sollte. So gesehen sind Bloc Party in der recht kompatiblen Lage, dass sie nicht nur dem fantastischen Debüt "Silent Alarm" das ebenso gelungene "A Weekend In The City" folgen lassen konnten, sondern bereits Ende letzten Jahres mit der überraschend elektronischen, an kein Album gekoppelten Single "Flux" jegliche Erwartungen an ihren Sound geschickt umkurven und von hinten in den Bordstein schubsen konnten.

Jener Schritt weg vom goldenen Instrumenten-Triumverat Gitarre/Bass/Schlagzeug, hin zu Synthesizern, Verzerrern und Drumcomputern prägt nun auch "Intimacy". Letztere sind vor allem auf "Zephyrus" so prägnant, dass sie Kele Okerekes Gesang gnadenlos in den Hintergrund des Songs verbannen, wo er von operngleichen Chören konterkariert wird; auch das sägende "Trojan Horse" wäre mittlerweile eher im Partyzelt des Sonnemondsterne Festivals als des Immerguts richtig aufgehoben. Andere Möglichkeiten elektronischer Sounds auslotend, verbirgt sich hinter "Signs" eine Ballade "This Modern Light"'scher Prägung, auf der sich Kele durch ein Elfenland plinkernder Tönchen und Melodien singt.

Ob die neue elektronische Ausrichtung der Band dem Umstand geschuldet sein mag, dass auf dem dritten der vier im Plattenvertrag verankerten Alben diesmal primär Drummer Matt Tong seine Einflüsse einbringen durfte, der vielleicht dort seine heimlichen Präferenzen hat? Nicht unwahrscheinlich, hört man die - übertrieben gesagt - kreative Macht des Drummers doch auf diversen Songs deutlich heraus: So bestehen die Strophen des Openers "Ares" nur aus Gesang und Tongs gewohnt versiert-virtuosem Schlagzeugspiel, auch auf "One Month Off" tritt die Rhythmussektion dem Melodien-Department gepflegt in den Allerwertesten. Von jenen Leistungen an den Drums abgesehen stellt "One Month Off" jedoch ebenso wie "Halo" wieder einmal die Fähigkeiten des Londoner Quartetts unter Beweis, Tanzflächenkracher zu schreiben, die - nur für's Protokoll - keine einzige britische Band, die in den letzten fünf Jahren ihr Debüt veröffentlicht hat, jemals so wird schreiben können: Denn der Tag, an dem "Halo" und "One Month Off", in einer beliebigen Indie-Disco gespielt, nicht das Parkett füllen, wird der Tag sein, an dem sich die Hölle in eine vor Kälte klirrende Eiswüste verwandelt.

Ähnlichen Effekt dürfte auch die Vorabsingle "Mercury" haben, deren Struktur jedoch weitaus verzwirbelter ist. Was als Opener auf den Festivalkonzerten der Band, ohne Produktions-Pipapo, noch einen vergleichsweise harmlosen Set-Opener darstellte, bringt auf Scheibe mit dunklem Elektrogebrumme, Big-Beat-Passagen und Verzerrungen, die selbst vor Keles Vocals nicht einmal ansatzweise Halt machen, die Synapsen zum Glühen. Wenn das bedrohliche "Better Than Heaven", das den Bogen zurück zu jenen Joy-Division-Vergleichen schlägt, die bei "Silent Alarm" ins Spiel gebracht wurden und "Talons" stellenweise auch vor Eurodance-Reminiszenzen nicht Halt macht, stellt sich die Frage, wie Bloc Party auf Album #4 klingen mögen. So hatte die Interimssingle vor einem Jahr mit ihrer leitmotivischen Zeile "We're in a state of flux" nämlich durchaus Recht. Bloc Party - eine Band in steter Bewegung, jedoch mit steter Qualität.

Jan Martens

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