Rezension

Wolfmother
Victorious
Highlights: The Love That You Give // Victorious // Baroness
Genre: Classic Rock // Stoner Rock
Sounds Like: Led Zeppelin // Black Sabbath // Deep Purple
VÖ: 19.02.2016

Die Geschichte von Wolfmother entbehrt, wenn man mal ehrlich ist, nicht einer gewissen Tragik: 2006 sind die Australier mit dem Debüt „Wolfmother“ als DIE Retro-Rockband in aller Munde, dann verkracht sich Bandchef Andrew Stockdale mit allen anderen Beteiligten und darf für den 2009 erschienenen Nachfolger „Cosmic Egg“ erst einmal eine neue Band zusammensuchen – die knapp drei Jahre später auch schon nicht mehr mit dem Lockenkopf am Ruder klarkommt. Als Stockdale sich entschließt, erst einmal eine Soloplatte herauszubringen, ist es dann auch schon 2013. Ein Jahr später kommt mit "New Crown" tatsächlich noch ein Wolfmother-Album und jetzt eben „Victorious“.
Die Tragik an dieser Biographie ist (neben den unschönen Besetzungswechseln, die Stockdale entweder als biestigen Kontrollfreak oder als Pechvogel mit einem unglücklichen Gespür für Bandmitglieder erscheinen lassen), dass es eben mittlerweile 2016 ist. Was nicht heißen soll, dass Wolfmother vor zehn Jahren irgendwie aktuelle Musik im Sinne von „Nicht von Led Zeppelin abgeguckt“ gemacht hätten. Aber damals waren sie eben die Speerspitze einer noch ziemlich neuen Riege von Bands, die einfach mal wieder rifflastige Rockmusik machen wollten, wie sie in Papas und Mamas Jugend angesagt war. Jetzt, in Zeiten von Kadavar, Blues Pills, Orchid, Black Mountain und wie sie nicht alle heißen, sind Wolfmother nur eine Retro-Kapelle unter vielen. Dass Konkurrenz in diesem Fall das Geschäft nicht gerade belebt, zeigten schon Stockdales Soloausflug und „New Crown“.
Dabei geht „Victorious“, das wieder komplett der Feder des Frontmanns entstammt, ziemlich gut los: „The Love That You Give“ und „Victorious“ sind schnörkellos-amtliche Rocknummern mit druckvollen Riffs, die an die besten Momente des Debüts denken lassen. In „Baroness“ baut Stockdale aus stampfendem Schlagzeug, Handclaps, verzerrter Orgel, Akustikgitarren und Fuzzsounds einen seltsam majestätischen, aber ungemein eingängigen Pop-Prog-Song. Dann stellt „Pretty Peggy“ das hörerseitige Wohlwollen erstmals stark auf die Probe: Die hippie-eske Folkballadenstrophe nimmt man noch als angenehme Abwechslung hin. Den Stadionrock-Refrain à la Mumford & Sons schon nicht mehr uneingeschränkt – und den Woohoo-Mitsingpart, den sich Coldplay nicht anbiedernder hätten ausdenken können, nimmt man Stockdale tatsächlich übel. Und dann wird auch noch gepfiffen!
Mag sein, dass im Anschluss an diesen unerwarteten Tiefschlag die Objektivität leidet. Vielleicht lässt „Victorious“ in seiner zweiten Hälfte aber auch tatsächlich nach. „The Simple Life“ zum Beispiel fährt zwar einen netten Groove auf, nervt aber mit uninspiriertem Gitarrengegniedel und verschenkten Melodie-Ideen. „Best Of A Bad Situation“ stößt ins selbe Horn wie „Pretty Peggy“, spart sich aber Stadionflair und Pfeiferei und fällt dadurch zumindest nicht negativ auf. „Gypsy Caravan“ und „Happy Face“ hingegen kauen vor allem auf Klischees rum. Alles nur gestörte Wahrnehmung? Halten wir es mit der Binsenweisheit, die Stockdale selbst im Refrain des letzten Albumtracks verkündet: „The truth is in the eye of the beholder.“ Unwahrscheinlich jedoch, dass sich irgendjemand in zehn Jahren noch an die dazugehörige Melodie erinnert – bei „Woman“ ist das bekanntlich anders.
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Rezension zu "Cosmic Egg" (2009)
Rezension zu "Wolfmother" (2006)
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