Rezension

The Rifles

No Love Lost


Highlights: She's Got Standards // Hometown Blues
Genre: Indiepop
Sounds Like: The Jam // Oasis

VÖ: 14.07.2006

Die Aussprache von Bandnamen ist eine ernstzunehmende Sache, die unerwartete Schwierigkeiten in sich birgt. Selbst Menschen, die sich selbst als Musikkenner darstellen und über 800 CDs besitzen, müssen bisweilen darüber aufgeklärt werden, dass es auf keinen Fall Libertains heißt. Weil, Libertine kommt von Liberty und das wird ja bekanntlich auch nicht Libertai prononciert. Aber das wisst ihr ja nun alle selber, und wenn nicht, dann zumindest jetzt. Doch selbst Redakteure renommierter Online-Musik-Magazine wie helga-rockt.de (gemeint bin hier übrigens ich selbst) sind nicht frei von Ausspracheproblemen, noch nicht mal bei den Bands, deren Platte sie gerade rezensieren (gemeint ist The Rifles - No Lost Love). Merke: Es heißt nicht Riffels, sondern Raifels. Und ein Rifle, wohlgemerkt mit einem f, bedeutet Gewehr, Büchse und in der Mehrzahl Schützen. Auf keinen Fall zu verwechseln mit Doppel-F riffle, was Rille bedeutet und „Aaaachtung!“ auch Riffel ausgesprochen wird. Alles klar? Vielen Dank an dieser Stelle an den freundlichen jungen Mann, der zu Aufklärung beitrug, und an Langenscheidts zweibändiges Deutsch-Englisch bzw. Englisch-Deutsch Wörterbuch.

Nachdem alle sprachlichen Probleme überwunden sind, nun also Musik. Jaja, die Referenzbands. Bitteschön: Kinks, Smiths, Jam. Oder sucht euch irgendeine andere Britband aus. Aber jetzt kein Wort mehr davon, ich schreibe schließlich über das Rifles-Album und nicht über The Queen Is Dead. Außerdem: Verständnis für eine Liebe zu den Smiths habe ich allemal. Das hier, meine Lieben, ist Mädchentanzmusik allererster Güte, obwohl es sicher einige Jungs mit Emofrisur und Lippenpiercing gibt, die auch verdammt gut dazu aussehen. Die allgemeinen Informationen, die ihr sicher auch noch in diversen anderen Kritiken zu diversen anderen Bands findet: Die Rifles sind gut angezogene Männer aus London, die in Großbritannien durch die Decke gehen und vom NME abgefeiert werden. Das Übliche also.

Machen wir uns auf die Suche nach dem kleinen Unterschied. Zuerst einmal ist „No Love Lost“ ein Album voller toller Songs. It’s a Hit, schlag mich damit, hit me baby one more time. Und nochmal und nochmal. „She’s Got Standards“, Schlag Nummer eins, will nach vorne, aber so richtig. Vielleicht der perfekteste Song des Sommers, zumindest dann, wenn man keine Lust auf verträumte, zärtliche Melodien hat. Pop allererster Güte. Ja, Sänger Joel Stoker klingt wie ein junger Paul Weller, aber das ist ja nun nicht seine Schuld. „Local Boy“ läuft nach dem gleichen Schema ab: Treibender Beat, Mitgröhlhookline, Tanzkiller. Eintönig? Keinesfalls. Wie hoch der Abnutzfaktor ist, lässt sich wohl allerdings erst im Herbst sagen. Dann Schlag Nummer Vier, „Hometown Blues“. Eine sehr, sehr lässige Angelegenheit ist das. „Peace & Quiet“ schlägt schon nicht mehr ganz so hart zu und „Spend A Lifetime“ überhaupt nicht mehr. Das ist eine waschechte Ballade. Die Lagerfeuerromantik und den Tiefgang bekommt man quasi ins Gesicht gedrückt. Wollen die Rifles hiermit beweisen, dass sie eben nicht die Hitmaschine sind, für die man sie hält? Dass sie vielseitig und ernst zu nehmen sind? Hmm. Der Song hinterlässt auf jeden Fall einige Fragezeichen, genauso wie „Narrow Minded Social Club“, letztes Lied und zweite Ballade des Albums.

Was soll man zu den restlichen Songs noch sagen? Viele Uuuuhuuuhs, viel Groove, viel Spaß, viel Sonne, manchmal mit melancholischen Untertönen. Der kleine Unterschied: Die Rifles tun nicht nur lässig und britisch, sie sind es. Natürlich hat man das alles schon mal gehört, natürlich ist das alles viel zu offensichtlich catchy, natürlich wird hier sehr bewusst mit Klischees gespielt. Aber selten beherrschte eine Band dieses Spiel so perfekt. Was die Kooks für den Frühling waren sind die Rifles für den Sommer. Leider werden sie auch genauso durch die Decke gehen. Ich bemühe mich, es ihnen zu gönnen.

Lisa Krichel

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