Rezension
Queens Of the Stone Age
Villains
Highlights: Feet Don't Fail Me // Domesticated Animals // Fortress
Genre: Alternative-Rock
Sounds Like: Eagles Of Death Metal // Them Crooked Vultures // David Bowie
VÖ: 25.08.2017
Als vor einigen Monaten nach einer ewig erscheinenden Wartezeit und Promophase endlich der Titel des neuen Queens-Of-The-Stone-Age-Albums „Villains“ bekanntgegeben wurde, sah sich Bandchef Josh Homme prompt genötigt, die Deutungshoheit präventiv zurückzuerobern. „Der Titel ist kein politisches Statement. Er hat nichts mit Trump oder diesem ganzen Scheiß zu tun“, gab er zu Protokoll. Als US-Band ein Album einfach „Bösewichte“ nennen und damit nicht den Präsidenten meinen? 2017 offenbar gar nicht so einfach.
Wer „Villains“ dann hört, versteht, warum Homme die vorzeitige Un-Politisierung so wichtig war – und fragt sich zugleich, ob sie wirklich nötig gewesen wäre. Denn: Dieses siebte QOTSA-Album eignet sich nicht als politischer Kommentar. Es ist dafür im besten Sinne des Wortes viel zu unverkopft und denkt nicht – es tanzt. Und zwar nicht so, wie sich das die ewigen Nick-Oliveri-Vermisser und „Songs For The Deaf“-Nachweiner (15...verdammte...Jahre!) so wünschen: taumelnd mit einem Bier in jeder Faust, rauschselig und headbangend im verschwitzten Moshpit. Sondern im Bowie-Glitzerfummel mit wackelnden Hüften und wedelnden Armen. Sieht dumm aus? Mir doch egal! Kein Wunder, dass Homme den Retro-Pop-Spezialisten Mark Ronson, der unter anderem maßgeblich verantwortlich für den Erfolg von Amy Winehouse war, vor allem als Produzent an Bord haben wollte, weil er dessen Bruno-Mars-Hit „Uptown Funk“ auf so angenehme Weise als stumpf empfand.
Ronson liefert: „Villains“ ist knochentrocken auf maximale Rhythmizität produziert, dazu hat der bekennende QOTSA-Überfan seiner Lieblingsrockband sogar Achtziger-Synthies schmackhaft gemacht. Sich an das vermeintlich oberflächliche neue Klangbild zu gewöhnen, braucht zugegebenermaßen seine Zeit – vor allem, weil die Platte an das existenzialistische Mammutwerk „...Like Clockwork“ anschließt, in dem Homme mit vielen Gästen verarbeitete, dass er zuvor beinahe an einem Herzstillstand gestorben wäre. Die erste Single „The Way You Used To Do“ sorgte mit ihren an die Eagles Of Death Metal erinnernden Gitarren und offen zur Schau getragenem Glamrock-Swagger entsprechend auch erst einmal für Befremden, zeigt aber im Kontext des Albums: Das Herz des Wüsten-Elvis schlägt wieder, er hat zwischendurch eine Menge David Bowie gehört und der Hüftschwung funktioniert auch noch – das stellt gleich der stampfende Opener „Feet Don't Fail Me“ klar. Ansonsten gilt: „Stumpf“ und „stumpf“ sind je nach Band nach wie vor zwei völlig verschiedene Dinge.
Denn natürlich handelt es sich bei „Villains“ immer noch um ein Queens-Of-The-Stone-Age-Album und kann sich als solches auch in seinen tanzbarsten Momenten eine unterschwellige Cleverness und Düsternis nicht verkneifen: Die wie Puzzleteile ineinandergreifenden Skelett-Riffs im zähnefletschenden „Domesticated Animals“ könnte sich so wohl keine andere Band ausdenken. Seinen Hang zu gewitzten Wortspielen und Kalauern lebt Josh Homme noch ungehemmter als je zuvor aus – besonders im irren Psycho-Boogie „Head Like A Haunted House“ und dem Jam-Rocker „The Evil Has Landed“. Die Halbballade „Fortress“ gerät trotz zartschmelzender Gesangsmelodien, Synthesizer-Unterstützung und Pop-Strukturen gänzlich unkitschig und bittersüß. Und „Un-Reborn Again“ sperrt sich ähnlich hartnäckig gegen seine unverhohlene Melodieseligkeit, wie einst „I'm Designer“ auf dem 2007er-Album „Era Vulgaris“ – nur um ihr dann ebenso freigiebig nachzugeben.
Überhaupt könnte „Villains“ mit etwas Abstand einmal einen ähnlichen Status in der Diskografie der Queens Of The Stone Age einnehmen wie „Era Vulgaris“: Als Album, auf das sich längst nicht alle Fans einigen können, das aber mit einem einzigartigen Sound einen einzigartigen Zeitpunkt in der Bandgeschichte markiert. Man kann Josh Homme bei dieser Platte sicherlich viel vorwerfen – vor allem, wenn man nach 15...verdammten...Jahren immer noch auf das nächste „Songs For The Deaf“ wartet. Eines aber sicher nicht: Dass er mit seiner Band auf der Stelle tritt. Die ständige Weiterentwicklung ist nach wie vor oberstes Gesetz, die vielleicht einzige Konstante in der Historie der Queens Of The Stone Age – und mit Sicherheit ihre größte Stärke.
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