Rezension

Patrick Wolf
Sundark & Riverlight
Highlights: House // Teignmouth // Paris // Hard Times
Genre: Barockfolk // Modern Classic // Akustik
Sounds Like: The Irrepressibles // Patrick Wolf in Erwachsen // Andrew Bird
VÖ: 19.10.2012

Ärger oder Mitleid? Ein Künstler covert sich selber und der erste Gedanke, der einem kommt, ist: “Dem fällt also auch schon nichts Neues mehr ein?!”. Zum Glück relativiert sich dieser Eindruck beim Hören von Patrick Wolfs Eigencover-Album „Sundark & Riverlight“ schnell. Er ist erwachsen geworden, seine Stimme reifer und tiefer und allein diese Tatsache stellt schon eine Berechtigung dar, jeweils drei Songs von seinen alten Alben und einer EP neu aufzunehmen, als aufwändig arrangierte, aber dennoch reine Akustik-Versionen.
Das ganze Album zeigt oder begleitet diesen Reifungsprozess und passt zu einem Künstler, der sein Schaffen sowieso schon immer als Gesamtkunstwerk präsentiert hat. So stammt auch der Titel aus der ersten veröffentlichten LP, aus dem Song "London" nämlich, in dem es eben schon um Heimat und Identität und dem Aufbruch zu Neuem und Weiterentwicklung ging:
Sundark on darker streets. It’s violent times for weary feet.
Carjackers and bullet showers. A yellow sign. Too many fools in power
But see, I will be gone by morning. My dear friend I lost a fight
Forget me. I wash my hands in your grey slowing night.
Coming down from darkened heights. I taste the Thames with my cycle lights
By Saint Paul's, by Big Ben. By god's name, I repent.
But see. I will be gone by morning my dear London goodnight
Forget me, I wash myself in your grey river light
Akustikversionen und Arrangements mit klassischen Instrumenten, die aus der Pop-Ecke kommen, geraten leicht ins billig Schmalzige, doch Wolf ist viel zu sehr musikalisches Genie, als dass ihm so etwas passieren könnte. Besonders Gegner des letzten regulären Albums „Lupercalia“ finden in den neuen Aufnahmen die eigentliche Schönheit der Songs, welche im Original schon mal wie übertriebener Discopop mit Startrek-Anleihen ("House", "Together") klingen können. Was vorher albern daherkam, gewinnt hier an Tiefe. Oft spielt in den Liedern, ohne diese zu überladen, ein ganzes Orchester auf, doch stellenweise reicht ein einziges Cello, um Wolfs sonore Stimme optimal zu unterstreichen ("Teignmouth"). Ganz allgemein erzeugt das Album eine zwar melancholische, doch wesentlich weniger düstere ("Wind in the Wires") oder gar deprimierende Stimmung ("London"), der Grundton ist optimistischer – erwachsener Realismus statt Rebellion?
Deshalb und aufgrund der sanfteren Instrumentierung geht leider zum Teil auch die Coolness ("Bitten"), das atemlose Drängen ("The Libertine") und die düstere Tanzbarkeit ("The Bachelor" allgemein) verloren. Die Songs bleiben (oder werden) schlicht schön, doch auf Albumlänge nivelliert sich so die Atmosphäre deutlich auf ein recht friedliches Gleichmaß, während doch die sonst angelegte Spannung insbesondere Patrick Wolfs erste beide Alben und "The Bachelor" so auszeichnet und zwingend macht.
The Goods and the Bads, die alten und die neuen Versionen – schlussendlich lässt sich glücklicherweise eins sagen über Sundark & Riverlight: Überflüssig ist das Album sicher nicht.
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Rezension zu "The Magic Position" (2007)
Rezension zu "Wind In The Wires" (2005)
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