Rezension

Murder By Death

Red Of Tooth And Claw


Highlights: Ball & Chain // Fuego! // Ash // '52 Ford
Genre: Western-Kammerrock
Sounds Like: Cursive // Johnny Cash // Nick Cave & The Bad Seeds // Arcade Fire

VÖ: 14.03.2008

"Red Of Tooth And Claw" heißt das mittlerweile vierte Album von Murder By Death, der Band, deren hartmetallisch glänzender Name so gar nichts mit ihrer Musik zu tun hat. Rot ist aber nicht nur das Blut, das von Zähnen und Klauen des Albumtitels tropft. Rot ist auch der thematische Faden, der sich seit dem Debütalbum "Like The Exorcist, But More Breakdancing" durch das Werk von Murder By Death zieht: Die Erforschung und Auslotung der menschlichen Sündhaftigkeit.

Waren die Vorgänger "Who Will Survive And What Will Be Left Of Them" und "In Bocca Al Lupo" jedoch noch Konzeptalben, die das Schicksal einer vom Teufel heimgesuchten Kleinstadt erzählten beziehungsweise die Topographie der Hölle nach Dantes "Göttlicher Komödie" zum Thema hatten, weicht "Red Of Tooth And Claw" von solch konkreten inhaltlichen Beschränkungen ab - auch wenn der Beelzebub noch immer durch jedes der elf Stücke tanzt und mit dem "wilden", ungemütlichen mittelamerikanischen Westen zumindest eine Epoche bestimmt werden kann, der die Songs thematisch zugeordnet werden können. Die anhaltende Konzentration auf eines der existenziellsten Motive vieler Religionen - die Sünde - rückt Murder By Death jedoch nicht nur in die Nähe Nick Caves, sondern lässt sich auch mit dem Theologiestudium des Sängers Adam Turla erklären.

Dieser ist jedoch nicht nur mit dem Talent gesegnet, Geschichten ersinnen zu können, für die Sergio Leone mehr als nur eine Handvoll Dollar bezahlt hätte. Denn obwohl der Rezensent kaum an das Okkulte glaubt, drängt sich einfach der Gedanke auf, dass die Seele, die Johnny Cashs Gesang bis zu seinem Tod durchströmt hat, in den letzten Jahren immer mehr Besitz vom Stimmorgan Turlas ergriffen haben muss. Anders lassen sich die vielen Assoziationen besonders mit dem Spätwerk (Siehe American Recordings I-IV) des "Man in Black" nur schwerlich erklären; Gänsehaut ist garantiert, wenn Turla in "A Second Opinion" jeglichem Mitleid und -gefühl absagt (I'll watch you crumble into sand, when the right shows mercy, I'll use the left hand) oder in "Rum Brave" unheilschwanger ankündigt: When we meet, you will see: I will destroy everything of beauty. (...) I'll be the axe that clears the forest.

Doch a propos Schönheit: Von dieser haben Murder By Death immer noch unverschämt viel, die sich immer noch besonders in Sarah Balliets Cellospiel manifestiert, das jedem Song eine besondere Note verleiht - egal, ob es "Comin' Home" verdunkelt wie eine Gewitterwolke einen schwülen Spätsommertag, die Keyboards in "Ball & Chain" durch atemberaubende Instrumentalpassagen jagt oder sich im swingenden, beinahe Sinatra'schen Abschlusstrack "Spring Break 1899" dezent zurückhält. Doch ebenso wenig, wie nur gute Gerste oder gute Hefe einen guten Whiskey garantieren, sind es neben dem Cello auch Bass, Gitarre, Schlagzeug, die allgemeinen Songwriter-Qualitäten der Band und nicht zuletzt Turlas bereits gepreister Gesang, aus denen sich ein stimmiges Ganzes, nämlich Songs wie "Ash" und "Fuego!" destillieren lassen.

Ohne eine jener Ingredienzen - nämlich Turlas Stimme - muss jedoch das instrumentale "Theme (For Ennio Morricone)" auskommen, das eine Hommage an den vielleicht größsten Komponisten von Filmmusik aller Zeiten darstellt. Falls es aber jemals zu einem zweiten Frühling des Spaghettiwesterns kommen sollte, wird wohl jemand anders die Hintergrundmusik für Duelle auf staubigen Wüstenstraßen liefern müssen, da Morricone mittlerweile immerhin auch schon 79 Jahre auf dem Buckel hat. Murder By Death wären hierfür bestens geeignet, denn eines steht fest: Egal, wie ein solches Duell ausgeht, wer die Herrschaft über das Westernstädtchen gewinnt und wer vor der Pforte des Saloons seinen Tod findet - glorreich wird es mit Murder By Death auf jeden Fall.

Jan Martens

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