Rezension
Murder By Death
Big Dark Love
Highlights: I Shot An Arrow // Big Dark Love // Send Me Home
Genre: Folkrock // Indierock
Sounds Like: Sixteen Horsepower // Nick Cave & The Bad Seeds // Johnny Cash
VÖ: 06.02.2015
Ein Konzept-Album über die Liebe? Das klingt weder neu, noch kreativ. Und selbst bei den Meistern der Atmosphäre, Murder By Death aus Bloomington, Indiana, könnte das doch ein arg eintöniges Album werden. Aber wer von den Indie-Rockern jetzt Schnulzen und Kitsch erwartet, der ist schief gewickelt. Denn in der düsteren, bedrohlichen Welt von Sänger Adam Turla schießt Armor nicht mit Pfeilen, sondern nimmt die Liebenden schon mal mit einem silbernen Dolch als Geisel. Und der ein oder andere Todesfall lässt sich auf einem Murder-By-Death-Album in der Regel eh nicht vermeiden. „Big Dark Love“ ist ein Konzept-Album über all die abstrakten und konkreten Arten der Liebe, die selten Beachtung finden. Und deshalb ein ganz großer Wurf.
Das liegt allerdings auch daran, dass die Band, die ihr Album das zweite Mal in Folge über Kickstarter finanziert hat, wieder mit Produzent John Congleton zusammengearbeitet hat. Während das Songwriting von Adam Turla über die letzten knapp 15 Jahre schon von selbst präziser, griffiger und weniger verkopft geworden ist, lässt Congleton die Songs klar klingen, holt einzelne Elemente wie Turlas Stimme oder Sarah Balliets Cello zu den richtigen Zeitpunkten in den Vordergrund und gibt dem Album eine gehörige Dosis Pop-Appeal. Das mag Fans der früheren Alben abschrecken, zeigt aber, wie eingängig die blutgetränkten Geschichten sein können, wenn sie richtig erzählt werden.
Wenn Turla auf dem Titelsong verschwörerisch „Let me in with my big dark love“ singt, dann weiß jeder, dass die letzte Stunde seines Objekts der Begierde geschlagen hat. Das erklärt vielleicht auch, warum zwei Songs später die Hauptperson sich selbst am nächsten ist und Tag ein, Tag aus im Haus bleibt, während draußen die Welt vorbeizieht. In „Send Me Home“, einem der stärksten Songs des Albums wiederum, bittet das gealterte Ich des Erzählers um Verständnis, wenn er die Liebe seines Lebens um Sterbehilfe bittet, weil sein Alltag nur noch von Schmerzen durchzogen ist. Es sagt viel über die Qualität von Murder By Death aus, dass diese Songs funktionieren und emotional involvieren, obwohl sie sich mit diesen ungewöhnlichen Themen auseinandersetzen. Wie Turla ein ums andere Mal hyperempathisch in erdachte Rollen schlüpft und diese nachvollziehbar darstellt, ist eine seltene Gabe der zeitgenössischen Musik.
Wer „Big Dark Love“ kritisieren will, der kann das ganz einfach tun. Murder By Death waren noch nie so offensichtlich Pop wie auf diesem Album und haben sich nicht selbst revolutioniert, sondern mehr von dem gebracht, was sie auf dem Vorgänger „Bitter Drink, Bitter Moon“ schon präsentiert haben. Wie diese Band seit ihrem Debütalbum 2002 allerdings immer noch solche emotionalen Geschichten erfinden, adaptieren und umsetzen kann, ohne dass es jemals langweilig mit ihnen wird, ist Grund genug, sich auch ihr siebentes Album anzuhören und zu lieben.
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