Rezension

M.I.A.

Matangi


Highlights: Come Walk With Me // Atention // Bad Girls // Bring The Noize // Sexodus
Genre: Bollywood-Elektro-Pop // Soft-Trap
Sounds Like: Santigold // Kelela // Major Lazer // Die Antwoord

VÖ: 05.11.2013

Auf dem als ausklappbares Booklet mitgelieferten Poster ist ein Bild von M.I.A. zu sehen, eine Negativaufnahme. M.I.A. mit langen, offenen Haaren, Mittelscheitel, in Neontönen auf einem Sockel posierend, zu dessen Fuß riesige Rosenblüten liegen. Mit ihrem lasziv geöffneten Mund und ihren riesigen Augen erinnert sie irgendwie an ähnliche Bilder von Britney Spears, vielleicht auch, weil die Negativaufnahme alles ein wenig undeutlich macht. Die Frage ist, ob M.I.A. mittlerweile nicht im Showbusiness einen ähnlichen Stellenwert wie Britney Spears eingenommen hat, bezeichnenderweise im Negativformat. Schockierend, aber dennoch Mainstream-tauglich. Eine, die vorgibt, sich nichts sagen zu lassen, und doch ihr Album vom Label fast anderthalb Jahre zurück halten lässt.

Bezeichnend für das Pop-Star-Bild, das M.I.A. mittlerweile prägt, ist auch die Kooperation mit Kenzo. Beim Musikvideo zum Song "Y.A.L.A." könnte sie glatt die Gewinnerin für das am besten abgestimmte Glitzer-Make-Up werden. Am Ende kommt dann aber doch noch die provokante Pointe. Statt Yolo! (You only live once) gilt für M.I.A. Yala, "You Always Live Again!". Ein einziges Leben im Exzess reicht der Guten nämlich keineswegs. Das Geballer kommt stetig, aber nicht mehr so brutal und überzeugend wie einst. Oder hat man sich als Hörer nur einfach schon an die derben Beats gewöhnt? Nach einem heftigen, schrammeligen Elektropart folgt gerne mal ein netter Harfenanschlag und revidiert die ganze Härte.

Irgendwie schlürft das Album die ersten paar Songs so vor sich hin. Klar, das ist M.I.A. und das geht ab, mag man sich denken. Aber wo sind die Songs, die den Hörer gleich packen? Die zum wilden Herumspringen veranlassen? Der Überraschungsmoment kommt dann doch noch, ganz plötzlich, mitten im Song "Come Walk With Me". Der startet lethargisch und einlullend, um dann in schrottigen Kirmestechno auszuufern. Dazu Lyrics, die man auch von anderen Chartskolleginnen wie Kesha oder Miley Cyrus kennt "Cause tonight we´re gonna act like we don´t care". Zum Glück klingen sie bei M.I.A. nicht nach hirnlosem Popmädchen-Gekicher, aber sie schrammt auf "Matangi" einige Male hart an der Grenze vorbei. Statt kritischen politischen Texten gibt es auf "Matangi" nun eben doch immer häufiger laszive Bad-Girls-Lyrics zu hören.

M.I.A. ist viel rumgekommen, um Inspirationen für die neuen Songs zu sammeln. Sie war in New York und London im Studio, ist nach Indien und in die Karibik gereist, all das, um nicht so positiv, nett und freundlich zu klingen, wie ihr Label es ihr vorgeworfen hat. Dass sie viele Einflüsse aus der ganzen Welt, aber wie immer auch aus dem world wide web auf "Matangi" verbunden hat, merkt man daran, dass nach gesampelten Bambusflöten plötzlich Computer-Hinweistöne erschallen. Außerdem hat sie sich zum Songwriting prominente Unterstützung ins Boot geholt. Am Song "aTENTion" schrieb niemand Geringeres als Julian Assange, der sich schon früh als Fan der provokativen M.I.A. outete, mit.

Von ganz anderer Seite bekam sie Unterstützung von The Weeknd. Der steckte eine große Portion seines Gefühls für R'n'B in M.I.A.s Song "Sexodus". Heraus kam ein eher gediegener Sound, sphärischer, sexy Gesang, deepe Bässe, schleppende Drums – ein schöner Ausklang für das zugegebenermaßen teils anstrengende "Matangi". In der richtigen Stimmung sind einige der Songs auf dem Album definitiv wieder große Hits, insgesamt wirbelt M.I.A. aber mit viel Radau und heißer Luft durch die Gegend, wobei wenig wirklich hängen bleibt. "Matangi" braucht einige Hördurchgänge, wird dabei aber auch immer besser. Dass es nicht mehr beim ersten Hören umhaut, ist dabei als Manko zu nennen. Natürlich ist das Klagen auf hohem Niveau, aber M.I.A. könnte definitiv noch viel mehr.

Marlena Julia Dorniak

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Preview von "Y.A.L.A."
Preview von "Come Walk With Me"

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