Rezension

Danko Jones

Never Too Loud


Highlights: City Streets // Take Me Home // Let's Get Undressed
Genre: Rrrock
Sounds Like: Gluecifer // AC-DC // Foo Fighters

VÖ: 29.02.2008

Stillstand ist Rückschritt. Diese altkluge und doch so wahre Binsenwahrheit gilt natürlich auch in der gesamten Welt der Musik, doch besonders auf dem Kontinent des Rock'n Roll ist sie...natürlich völliger Bullshit. Seien wir mal ehrlich, wer würde denn ernsthaft wollen, dass Turbonegro sich in ihren Songs mit politischen Problemen statt analem Feuerwerk auseinandersetzen, dass Motörhead für das nächste Album von ihrer 30jährigen Tradition, den selben Song immer und immer wieder zu schreiben, abkommen, oder dass Axl Rose sein Gebimse bei Konzerten mal in vernünftige Schlüpper statt viel zu enge Hotpants steckt? Richtig, das will eigentlich niemand, und so wäre der klassische Danko-Jones-Fan wohl auch dann am Glücklichsten, wenn der kanadische King of Coolness selbst dann noch rauhe, schnelle, dreckige Punkrockburner über die Anziehungskraft heißer Babes raushauen würde, wenn er die Viagrapillen bereits im Fencheltee aufgelöst durch die dritten Zähne schlürfen muss.

Es hätte ja auch alles so wunderbar funktionieren können. "I'm Alive And I'm On Fire", "Born A Lion" und "We Sweat Blood" waren drei der rohesten, kraftvollsten Scheiben des jungen Jahrtausends, die Liveshows ebenso energiegeladen und dank Dankos enormen Charismas stellenweise dazu noch ungeheuer witzig. Doch mit "We Sweat Blood" passierte Danko Jones das, was man seiner Lieblingsband niemals gönnen möchte: Sie wurden erfolgreich, zumindest dort, wo es wirklich zählt, nämlich in den USA. Die Auswirkungen dessen waren schon auf "Sleep Is The Enemy" zu erkennen. Wir rekapitulieren: Kollege Frommherz glaubte auf jenem 2006er-Album, die "poppige Seite von Danko Jones" kennengelernt zu haben, vermutete eine Versöhnung mit Weib und Welt und vermisste in Dankos Gesang die altbekannte Aggressivität. Nun, wenn "Sleep Is The Enemy" ein Ausflug an die Grenze des Pops war, hat die Band an dieser Grenze mittlerweile ein Haus gebaut, einen Baum gepflanzt und die Kinder eingeschult.

Natürlich: Ein Opener wie "Code Of The Road" mit seinem dahingerotzten I live by the code of the road, every single night of the life erinnert an Blutgeschwitze und Schlafhass der Vergangenheit und lässt vermuten, dass bei dem Herren mit der Gene-Simmons-Gedenkzunge alles beim Alten geblieben ist, auch das darauf folgende, den Hardrock bemühende "City Streets" sollte sich mit seinem brachialen Refrain problemlos den Weg in die Herzen des geneigten Rockfreundes donnern können. Manchmal sind es auch nur kleine Details, die befremden, wie der zeitweilige Kastratengesang im ansonsten schön schweinerockigen "Let's Get Undressed", während manche Songs jegliche Erwartungen von Fan-Seite aus mit Füßen treten: So schielt die potentielle nächste Single "Ravenous" nicht nur mit ein oder auch zwei Augen nach Radio-Airplay, sondern hüpft jeglichem Musik-Intendenten gleich wie ein läufiger Straßenköter ans Bein, "Take Me Home" wiederum scheint Dankos Huldigung an Lynyrd Skynyrd und "Sweet Home Alabama" zu sein und wirft die Frage auf, ob die Herren Jones, Calabrese und Cornelius einfach mal Lust hatten, bei der nächsten Country-Awards-Preisverleihung Garth Brooks unter den Tisch zu saufen. Der Text des Refrains mag zur Veranschaulichung dienen: Grab the keys, start the car, take me home to where my records are. Auch textlich weitaus abseits von bandtypischer Thematik - falls "records" nicht gerade ein sehr ungewöhnliches Synonym für "Möpse" sein soll -, jedoch der vielleicht größte gottverdammte Ohrwurm der Bandgeschichte.

Womit wir obiges Klischee eigentlich widerlegt hätten: Auch Songs, die dermaßen mit Bandschemata brechen, können gefallen, solange man bereit ist, sich darauf einzulassen. Ist man es nicht, bleiben Stücke wie "Never Too Loud", "Your Tears, My Smile", bei dem sich Danko endlich wieder eine gehörige Portion Dreck in die Stimmbänder schmiert oder das von John Garcia unterstützte "Forest For The Trees", die auch frühen Jüngern des "Mango Kid" (einer der vielen Spitznamen, die Jones sich selber verpasst hat) die Finger zur Pommesgabel verkrümmen dürfte. Stillstand, Rückschritt, whatever: Danko Jones bleibt Rock 'n Roll. Schluss, basta, aus.

Jan Martens

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