Bernd Begemann ist wohl die größte Rampensau in Deutschland. Egal, wie schlecht deine Laune vorher war, geh zu einem Begemann-Konzert und du gehst mit einem breiten Lächeln nach Hause und seine Sprüche zwischen den Songs - oder auch gerne mal mittendrin - werden dir noch ein paar Tage durch den Kopf gehen. Auf dem Weg nach Hause kommt dann die Frage auf, warum dieser Mann noch in so kleinen Läden spielen muss. „Ich erkläre diese Krise für beendet“ ist nach 22 Jahren Musikkarriere das siebzehnte Album, wenn man die EPs mal außen vor lässt und die Soloalben, die Alben seiner ersten Band „Die Antwort“ (die übrigens Ende der Achtziger die einzige Band der gerade entstandenen Hamburger Schule war, die einen Plattenvertrag hatte) und die neuesten Scheiben von „Bernd Begemann und die Befreiung“ zusammen nimmt. Bei solcher Produktivität würde wohl auch Ryan Adams den Hut ziehen, und dennoch hat es für den großen Weltruhm nicht gereicht, wodurch uns dieser geniale Schwätzer dort erhalten bleibt, wo er am besten ist und den Schweiß des Publikums riechen kann: in den kleinen, stickigen Clubs.

Das Wort Schlager kann man nur ganz selten ohne Häme verwenden - hier geht das sehr leicht, denn so sollte Schlager klingen, poppig mit sanften Melodien und mit herzergreifenden und glaubwürdigen Texten. „Ich erkläre diese Krise für beendet“ trieft nur so über von positiver Energie, und in typischer Begemann-Manier dreht sich fast alles um das schöne Geschlecht und Gefühle. In „Die neuen Mädchen sind da“ zieht die nächste heranwachsende Generation in die große Stadt hinaus, „Du bist mein Niveau“ beleuchtet die sympathischen kleinen, persönlichen Schwächen. „Sie redet Revolution“ ist eine tiefe Verbeugung vor selbstbewussten, freigeistigen Frauen, während Bernd in „Ihr Geheimnis ist sicher bei mir“ die Rolle des verständnisvollen zweiten Mannes ausfüllt. Dank der vielen Facetten, der wechselnden Blickwinkel der Texte kommt nie Monotonie auf. „Ich identifiziere mich nicht mit der Firmenphilosophie“ hat zur Abwechslung nichts mit Liebe zu tun und ist Stromberg fürs Ohr, feinste Ironie für und über die Bürohengste und Manager von Welt. Selten hatten es Phrasen so sehr verdient, durch den Kakao gezogen zu werden, und gerade die Menschen, die durchgehend mit so etwas um sich werfen, sind im Berufsleben meistens diejenigen, die beim kleinsten Anzeichen von Gegenwind den Arbeitgeber wechseln.

Die Befreiung begleitet Begemann mit vielen unterschiedlichen Harmonien, mal klassisch im Stil der Sechziger oder auch mal verspielt und frisch, oder auch punkig wie in „Exfreundin in Berlin“ und „Du bist mein Niveau“. Nach dem Best-Of Glanz zeigt sich die Band wieder von ihrer besten Seite und liefert reichlich Mitsingstoff für die aktuelle Tour.

Marcel Eike

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