Rezension

Ben Howard

I Forget Where We Were


Highlights: Small Things // I Forget Where We Were // End Of The Affair
Genre: Folk // Singer-Songwriter
Sounds Like: Eliott Smith // Damien Rice

VÖ: 17.10.2014

Keep your head up, keep your heart strong. Diese Zeile bedeutete den Durchbruch für Ben Howard. Der ruhige und poppige Ben Howard, der eingängige Singer-Songwriter Musik macht, Musik, deren Lyrics sich in geschnörkelter Schrift auf Bildern von Herzen oder Sonnenuntergängen finden, gehörte 2012 in Deutschland zu den ganz großen Neuentdeckungen. Beinahe parallel und mit einem ähnlichen Konzept konnte sich Ed Sheeran in der Musikwelt durchsetzen. Auch dieser hat es schnell geschafft, sich mit seichten Melodien und viel Radio-Airplay in die Köpfe und Herzen vieler Fans zu spielen. Aber schon damals unterschieden sich die zwei Musiker, und das nicht zu knapp. Wo Sheeran auch auf Albumlänge keine wirklichen Besonderheiten vorzuweisen hatte und ohne viel Spannung vor sich hin klimperte, konnte Ben Howard viele Punkte sammeln. Sehr variabel, mal düster, mal fröhlich und gespickt mit wunderschönen Melodien hatte sein Debütalbum am Ende sehr wenig von „Keep Your Head Up“.

Nun, knapp drei Jahre nach dem Erstling, zeigt Howard, dass seine Entwicklung noch weiter weg von Radiohits, hin zu düsterer, ruhiger Musik geht. „I Forget Where We Were“ ist ein großartiges Folkalbum, das schon mit den Klängen eine wunderschön melancholische Stimmung verbreitet. Bestes Beispiel ist dabei „End Of The Affair“, welches mit seinen für Singer-Songwriter untypischen 7:46 Minuten Laufzeit alleine schon als kleines Meisterwerk zu sehen ist. Ist die erste Hälfte des Songs geprägt von Howards starker Stimme, unterstützt durch leichte Gitarrenklänge, treten in der zweiten Hälfte die Instrumente in den Vordergrund, was am Ende sogar Assoziationen mit Post-Rock hervorruft. In keiner Phase des Albums wirkt es belanglos oder zu glatt, im Gegenteil. Die Instrumentierung geht von sanfter Akustik-Gitarre hin zu krachenden, ausbrechenden Gitarren, wobei die Wechsel zwischenzeitlich verschwimmen und die Übergänge nicht klar sind. So auch im Titelsong, in welchem die träumerische Melodie im Mittelpunkt steht, die gegen Ende jedoch ausbrechenden Gitarren und Drums weicht.

„I Forget Where We Were“ ist im Ganzen ein großartiges Album, düsterer und melancholischer als das Debüt und sicherlich auch noch eine kleine Ecke besser. Die Sorge, Howard könnte sich mit dem zweiten Album in Richtung glatter Radiomusik entwickeln, ist glücklicherweise vollkommen unbegründet. Er ist ein erwachsener Künstler, der in Zukunft eher im Zusammenhang mit Kollegen wie Elliott Smith genannt werden wird.

Lewis Wellbrock

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