Interview

To Kill A King


Ralph Pelleymounter, Frontmann von To Kill A King, ist ein Idiot. Wird er zumindest in fünf Jahren womöglich selber sagen. Diesen und andere Einblicke über Vergangenheit und Zukunft, das aktuelle Album "To Kill A King" und das eine oder andere Brettspiel von ihm und Gitarrist Grant McNeill – hier im Interview!

Ich habe auf eurer Facebookseite gesehen, dass ihr die Clubs, in denen ihr spielt, um eine Überraschung in eurem Backstageraum bittet. In Bristol habt ihr eine Rick-Astley-CD bekommen. Gab's noch mehr Highlights?

Ralph: Ben hat in Brüssel ein paar ziemlich starke Biere bekommen. 9% oder so. Die haben wir schon ein bisschen probiert.

Die beiden ersten Aussagen, die ich von Bekannten über euer neues Album gehört habe, waren "Es ist experimenteller und hat keine offensichtlichen Hits mehr" und "Es biedert sich sehr an ein Radiopublikum an", was so ziemlich das Gegenteil der ersten Aussage ist.

Ralph: Ich glaube nicht, dass wir explizit versucht haben, einen der beiden Wege einzuschlagen, es war aber im Vergleich zum letzten Album ein bisschen mehr durchdacht. Da haben wir einfach während des Tourens Songs geschrieben, bis sich irgendwann die Möglichkeit der Aufnahme bot. Da haben wir also einfach die Songs versammelt, die live gut funktioniert hatten. Diesmal haben wir uns mehr Gedanken darüber gemacht, wie die Songs als Album funktionieren. Ich mag besonders, dass es in der Mitte einen Bruch gibt, nach dem sich der Stil etwas ändert und es dann schließlich mit einer optimistischen Note endet. Diese verschiedenen Meinungen haben wir aber auch mitbekommen. Für die einen sind die Songs eingängiger, andere bemerken eher, dass wir mit allen möglichen chaotischen Songs und Field Recordings herumexperimentiert haben.

Dein Zitat, dass die Songs für größere Bühnen geschaffen wären, taucht immer wieder auf.

Ralph: "Geschaffen" ist vielleicht das falsche Wort – aber dass wir mittlerweile auf größeren Bühnen spielen, hat auf jeden Fall die Musik, die wir schreiben, beeinflusst. Als wir angefangen haben, spielten wir in Räumen, die so groß wie dieses Backstagezimmer waren; nach der Veröffentlichung des Albums war unsere größte Show vor 8000 Menschen, was natürlich ein großer Unterschied ist.

Grant: Wir haben gemerkt, was bei den Auftritten zum ersten Album funktioniert hat und uns dann daran orientiert.

Ralph, du scheinst auf dem Album hin und wieder etwas Weisheit verbreiten zu wollen. Zum Beispiel in "World Of Joy". Und in "Friends" sagst du: If you love them, let them know. Hältst du all diese Weisheiten selber ein?

Ralph: "World Of Joy" ist vorrangig als eine Art To-Do-Liste gedacht. Da ist schon fast impliziert, dass man sich nicht komplett an sie hält, dass man aber sein Bestes versuchen sollte. Das versuche ich aber!

Was ist denn der wichtigste Teil der Liste?

Ralph: Don't stop listening. Und don't stop learning. Nichts, was du tust, ist notwendigerweise falsch, aber sobald du in deinem Trott feststeckst, geht schnell alles den Bach runter und so werden Menschen schnell störrisch oder arrogant.

Grant: Mein Favorit ist Don't let the weight of it suffocate you.

Don't stop learning musstest du jetzt als Lehrer ja auch sagen.

Ralph: Absolut! Gerade im Teenageralter fühlt man sich ja manchmal, als wüsste man alles und wäre komplett Herr der Lage. An der Uni fragt man sich dann, was in der Jugend passiert ist und dann wird man noch älter und realisiert schließlich, dass man eigentlich überhaupt keine Ahnung von irgendetwas hat. Dann fängt das eigentliche Lernen an.

Grant: Dann fühlt man sich von Tag zu Tag blöder.

Ralph: Ich glaube, meine ignoranteste Phase hatte ich, als ich ungefähr 27 war. Seitdem geht es langsam wieder bergauf, hoffe ich.

Der Refrain von "World Of Joy" klingt ja etwas, als hättest du vorher Schwefelhexafluorid inhaliert, um eine tiefe Stimme zu bekommen.

Ralph: Da haben wir aber nur die Tonlage von meinem Gesang künstlich niedriger geschraubt. Wir wussten bei diesem Song, bei dem es lange gedauert hat, um das Gute letztlich herauszuholen, das für uns schon immer dringesteckt hat. Der Satz ergibt so keinen Sinn. Jan! Jan! Die Wiederholung dieser Zeile im Refrain hat dabei geholfen, wirklich einen Song daraus werden zu lassen. Das haben wir in vielen verschiedenen Stilen probiert, zum Beispiel geschrien, bis der Song dann fertig war.

Auf "Today" redest du davon, dein Handy für einen Tag wegzuschmeißen. Hast du das wirklich einmal gemacht?

Ralph: Kennst du das, wenn du einen Witz machst, der aber trotzdem irgendwie ernst werden kann? Meine Freundin beschwert sich darüber, dass ich ständig mit meinem Telefon beschäftigt bin, Emails beantworte und so weiter. Es geht also eigentlich darum, sich auf bestimmte Dinge, vor allem die Menschen um dich herum, so gut es geht zu konzentrieren. Das kann ja auch ohne Handy schon schwierig sein! Dann gibt es auch diese Zeile I'll buy a new one come Monday – ich glaube nicht, dass ich das mal komplett schaff. Es geht auch hier darum, sich wenigstens anzustrengen, zum Wohl deiner Mitmenschen.

Für mich klingt dieser Song sehr nach Musik der 20er Jahre.

Ralph: Ja, die ursprüngliche Demo bestand nur aus meinem Gesang und der Gitarre, dann hatte ich die Idee, dass der Song sich ungefähr in der Mitte plötzlich aufbäumen und das auch genauso schnell wieder ausklingen sollte. Als wir den Song dann aber wirklich aufgenommen haben, kamen noch die ganzen Vocals von unserem Keyboarder Ben dazu, die sehr nach 20s klingen. Das ist einfach so passiert. Ein sehr talentierter Trompeter namens Johnny Abraham ist dann noch dazu gekommen - der hat in meiner alten Band Kid ID gespielt – wir waren da ein bisschen wie Spinal Tap und haben ungefähr sechs Trompeter verschlissen. Bei Johnny musste ich nur ein paar Töne summen und er hat sie dann sofort nachspielen können. Das hat dann gerade einmal 20 Minuten gedauert. Nun hat Johnny auch auf dem Album von Public Service Broadcasting mitgewirkt.

Die Mädels, die euch eben interviewt haben, haben bereits euer "Symbol", die Schachfigur erwähnt – ich würde gerne wissen, warum ihr stets bei diesem einen Symbol geblieben seid?

Ralph: Ben hat das entworfen. Was wir uns ja vorgenommen haben, ist, langsam aber sicher größer zu werden. Diese Schachfigur soll dann dazu dienen, dass man sie gleich alleine mit To Kill A King verbindet, fast wie den Namen an sich.

Es gibt auf der Welt immer noch so viele Schachspieler wie Facebook-Nutzer, habe ich gelesen.

Ralph: Oh, das ist gut. Ich habe, als ich an der Grundschule unterrichtet habe, auch mit den Kindern Schach gespielt. Gott sei Dank habe ich die meisten Spiele noch gewinnen können. Schach ist eins dieser Spiele, bei denen die Kinder dann sehr auf das Gewinnen aus sind und böse werden, wenn sie nicht gewinnen. Daher können sie da sehr gut üben, wie es ist, in etwas immer besser und besser werden zu können und dass so etwas manchmal auch Zeit kostet. Manche Menschen verwenden ja ihr ganzes Leben darauf. Irgendwann werden sie dann vielleicht so gut werden, dass sie ihren Lehrer schlagen können und das wird dann sehr befriedigend und bedeutungsvoll sein. Lernen, verlieren zu können, ist extrem wichtig.

Spielt ihr noch andere Brettspiele?

Ralph: Ich liebe Brettspiele, aber ich habe nie die Zeit dafür. Mit Freunden von mir habe ich aber vor einer Weile zum ersten Mal "Die Siedler von Catan" gespielt – wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich das wahrscheinlich sehr viel öfter spielen. Aber wir haben ja eben über das Gewinnen gesprochen – diese Freunde, drei Brüder, spielen das Spiel sehr oft und nehmen es sehr ernst, aber trotzdem habe ich diese erste Runde gewonnen. Das war vielleicht auch einfach schlecht für mein Ego. Wenn ich es nochmal spiele und dann verliere, mag ich es womöglich weniger. Es ist aber möglich, dass meine Freunde einfach so beschäftigt damit waren, sich gegenseitig eins auszuwischen, dass ich heimlich gewonnen habe, ohne dass sie mich allzu sehr beachtet haben.

Grant: Ich habe früher nächtelang "Risiko" gespielt. Das dauert ganze Nächte, wenn du die richtigen Mitspieler hast.

Zu eurem Albumcover: Ich habe gelesen, dass einer der Männer auf dem Cover der Vater eures Drummers Warren ist?

Ralph: Sogar beide! Ein aktuelles Foto von ihm und eins von ihm als junger Mann.

Ich dachte, der andere wäre Albert Einstein.

Grant: Ja, so sieht er auf jeden Fall aus.

Ich habe eine Interpretation gelesen, die ein "Alt gegen Neu" in dieser Szene erkennt, aber das Schachbrett, vor dem die beiden sitzen, ist einfach in der Mitte gespiegelt. Das sieht für mich eher nach Stillstand aus

Ralph: Kann gut sein. Das war auch wieder so etwas, das natürlich entstanden ist. Wir hatten da vorher keine fixe Idee, was genau daraus entstehen sollte. Es ist einfach ein sehr aussagekräftiges Bild, ohne dass es eine bestimmte Aussage gäbe, die es transportieren soll. Man kann darin ja auch sehen, dass ein Mann jeden Tag seines Lebens dasselbe Spiel spielt und nach und nach daraus lernt. Oder du trittst gegen eine jüngere Version deiner Selbst an.

Was würdest du denn eine ältere Version deiner Selbst fragen, wenn du sie treffen würdest und was würdest du einer jüngeren Version raten?

Ralph: Ich habe das Gefühl, dass ich so ungefähr alle fünf Jahre merke, dass die jüngere Ausgabe meiner Selbst ein totaler Idiot war. Daher würde ich dieser Ausgabe wahrscheinlich raten....naja, kein Idiot zu sein. Meine ältere Version würde mir das dann bestimmt genauso erzählen. Rückblickend habe ich mir oft Sorgen über Dinge gemacht, die dann rückblickend fünf Jahre später komplett bedeutungslos sind. Daher würde ich mir wohl einfach sagen, dass ich mich entspannen solle, weil schon alles irgendwie gut gehen wird.

Grant: Du könntest ihr auch raten, Geld in Facebook-Aktien anzulegen.

Ralph: Vor fünf Jahren? Dann würde er doch sagen "Facebook IST schon riesig, du Trottel. Mach dich mal mit den Jahreszahlen vertraut."

Jan Martens

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