Interview

James Vincent McMorrow


Das viele warme Licht steht ihm gut: James Vincent McMorrow sitzt backstage an einem dieser Spiegel, an denen rechts und links Glühbirnenreihen angebracht sind, die man aus Vintage-Hollywood kennt. An solchen Spiegeln wurden Show-Girls geschminkt oder Diven wie Sophia Loren. Hier im Heimathafen Neukölln werden keine Show-Girls zurecht gemacht, vor allem nicht heute: In wenigen Stunden wird McMorrow vor ausverkauftem Laden auftreten und sein mittlerweile drittes Album "We Move" vorstellen. Wir treffen ihn zum Gespräch.

McMorrow wird am heutigen Abend auch einige Fans der ersten Stunde glücklich machen, indem er neben den neuen Sachen auch Klassiker seines Debüts spielen wird. "Ich habe eine sehr gute Beziehung zu allen alten und neuen Songs. Auch wenn meine Musik sich während der drei Alben stark entwickelt hat, spiele ich Stücke wie "We Don’t Eat" oder so immer noch sehr gerne." Eine Entwicklung, die nicht alle seine HörerInnen verstehen.

War "Early In The Morning" noch von der Akustikgitarre und nachdenklichem Folk geprägt, klingt sein Neuling nach Soul, R’n’B und Elektro. Sein hochkarätiges Produzenten-Team dürfte dafür mitverantwortlich sein. "Ich hatte das Glück, dass ich diese Menschen kennengelernt habe! Nineteen85, Two Inch Punch und Frank Dukes haben schon mit Rihanna, Drake oder Sam Smith zusammengearbeitet. Wir haben uns vor Jahren kennengelernt, sind Freunde geworden und irgendwann war klar, dass wir zusammenarbeiten würden. Ich war mir anfangs nicht sicher, ob meine Musik so ihr Ding sein würde, aber sie waren sofort begeistert. Und ich war es auch!"

Der Ire erzählt davon, dass er und die Jungs an den Reglern sich Lichtungen geschaffen haben, in denen sie vollkommen frei an den Songs arbeiten konnten – ohne Druck, ohne Erwartungen, nur mit Liebe zu dem, was sie tun. "Es war eine geniale Erfahrung. Nachdem dieses Album mein bisher ehrlichstes ist und ich es beinahe nur unterwegs geschrieben habe, war es, wie endlich angekommen zu sein." McMorrow erzählt davon, wie er nach der Tour seinen Rhythmus nicht unterbrechen wollte und zunächst nach Barcelona und schließlich nach L.A. gereist ist, um an seinen Stücken zu schreiben. Nicht nur deshalb hat der Titel der Platte etwas mit Bewegung zu tun. "Die Dynamik ist wichtig auf der Platte. Es geht um viel Schmerz, Liebe, Hass und ehrliche Gefühle."

Die Frage, ob "We Move" eine Art Coming-Of-Age sein könnte, bejaht der Musiker entschieden: "Auf jeden Fall! Ich habe immer ein Problem damit gehabt, ganz ehrlich in meinen Texten zu sein. Ich habe im Prinzip drei Alben gebraucht, um dies zu schaffen. Außerdem hat mich mein Debüt für viele Leute festgelegt: Ich habe auf dem Album Gitarre gespielt, also wurde ich direkt neben ähnliche Musiker eingeordnet, das Genre war dann 'Folk-Musiker'. Mein zweites Album war eine einzige Reaktion auf drei Jahre intensiven Tourens. Dieses dritte Album hingegen ist in einem Prozess entstanden, der sich sehr stark damit auseinandersetzt, wer ich bin und sein möchte. Auch, wie ich gesehen werden möchte."

McMorrow ist sich darüber im Klaren, dass seine neue Platte vermutlich einige Kritiker auf den Plan ruft, oder zumindest alte Fans verprellen könnte. "Ich selbst verstehe es aber nicht so recht. Ich finde, Personen, die sich auf ein bestimmtes Genre beschränken oder von ihren LieblingsmusikerInnen den immerselben Stil verlangen, verpassen so vieles!" Er hält einen leidenschaftlichen Monolog darüber, dass es am Ende nur um gut gemachte Musik geht, deren Wirkkraft nicht bei der Genre-Zuweisung zu Ende sein sollte. Motown-Klassiker, Beyoncé oder Ed Sheeran – sie alle machen wahnsinnig gute Musik, wie McMorrow feststellt. Einen Satz wie "Ich höre keinen Pop!" will er nicht gelten lassen.

"Es ist mir als Künstler aber auch wichtig, nicht stehen zu bleiben. Ich muss mich immer wieder herausfordern." Für McMorrow scheint der Begriff Comfort Zone ein Fremdwort zu sein. "So bewege ich mich nie gleich. Das finde ich wichtig!" Wenn dabei weiterhin so gute Alben herauskommen, sollten wir ihm die viele Bewegung lassen. Am Ende steht hinter allen Songs immer noch er selbst, James Vincent McMorrow, der als wahnsinnig guter Songwriter überzeugt. Das ist seine wichtigste Maxime. Gut für uns.

Silvia Silko

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Rezension zu "We Move" (2016)
Rezension zu "Post Tropical" (2014)
Rezension zu "Early In The Morning" (2011)
Interview (2014)

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