Rezension

Warpaint

Warpaint


Highlights: Keep It Healthy // Hi // Biggy // Son
Genre: Psychedelic // Dreampop
Sounds Like: Cat Power // Mazzy Star // PJ Harvey

VÖ: 17.01.2014

Und ab in einen langen, düsteren Tunnel. Für die zweite, selbstbetitelte Warpaint-Platte muss man bereit sein. Man muss sich ihr regelrecht hingeben, nur dann entfaltet sie sich einem vollkommen. Dann ist die psychedelische Hörerfahrung wie eine lange Autofahrt durch einen dunklen Wald, wenige Reize und Einflüsse, diese aber stechen sagenumwoben heraus. Kein Song funktioniert wirklich außerhalb des Albums, so viel passiert oft auch gar nicht. „Warpaint“ ist viel ruhiger geraten als sein Vorgänger, dadurch aber auch um einiges homogener. Die einzelnen Songs, oft nur mit spärlichen Titeln wie „Hi“, „Biggy“ oder „CC“, geraten in den Hintergrund. Wenige wirkliche musikalische Akzente werden gesetzt, und diese wirken dann umso mehr: So etwa die Extra-Betonung der Basslinie am Ende von „Hi“, welche die Tiefe des Albums bestärkt, indem sie einen noch größeren Fokus auf die Rhythmussektion setzt.

Jenny Lee Lindberg am Bass und Stella Mozgawa am Schlagzeug legen das Fundament für den Rest der geschieht, spielen sich über die komplette Platte in Trance. Gerade die Basslinien versprühen einen tiefen, melodiösen Groove, dem man sich kaum entziehen kann. Diese beiden Damen sind hauptverantwortlich dafür, dass Warpaint Musik machen, die sediert wie ein leichtes Schlafmittel. Darüber erheben sich mit viel Hall die Stimmen von meistens Theresa Wayman oder Emily Kokal, mystisch und sexy. Das Cover der Platte passt ungemein gut zu der Musik, wenige verwobene, übereinander geschichtete Reize, in denen man sich doch verlieren kann.

Ein Großteil des Albums entstand in einem einsamen Haus in einem Wüstennationalpark in Kalifornien, das Ziel war an nahezu unterbrechungsfreier Musik zu arbeiten. Somit konnten die mittlerweile bekannten Livequalitäten der Band, die auf der Bühne genau den beschriebenen mystischen Tunnel zu erzeugen vermag, viel besser auf Platte festgehalten werden. Live improvisieren Warpaint eine Menge, durch das Einbringen eines Intros und teils losere Songstrukturen geht diese Magie nicht verloren. Auch die Texte sind oft eher Collagen. Seinen rührendsten Moment hat das Album wohl ganz am Ende, wenn Wayman, die Mutter eines siebenjährigen quietschfidelen Sohnes, in „Son“ singt „You can see the reason why you’re story is not over“. Musikalisch ein wenig offener gehalten, ist dieser Song ein würdiger Abschluss und entlässt den Hörer und auch die Band wieder in die weite Welt.

Natürlich hat das konsequente Vorgehen auch Nachteile – die einzelnen Songs, gerade z.B. die alleinstehend etwas platt wirkende Vorabsingle „Love Is To Die“ („Love is to die // love is to not die // love is to dance“) funktionieren nicht immer, wenn man sich nicht schon dem Gesamtkontext hingegeben hat. Der teils schräge Gesang ist nicht jedermanns Sache. Aber besser ein Album, das über die Gesamtwirkung großartig wird, als eine Platte voller guter Songs, die kein gutes Album ist. Und wie gesagt – wer sich „Warpaint“ hingibt, der wird dafür belohnt.

Daniel Waldhuber

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