Rezension

Warpaint

Exquisite Corpse


Highlights: Elephants // Billie Holiday
Genre: Post-Punk // Psychedelic // Dreampop
Sounds Like: Cat Power // Blonde Redhead // Electrelane // Beach House

VÖ: 01.10.2010

Sollte David Lynch einen Soundtrack für seinen nächsten Film suchen – bei den vier Damen von Warpaint wäre er an der richtigen Adresse. Denn ebenso wie David Lynch mit seinen Filmen verstehen es Warpaint mit ihrer Musik, im Kopf des Hörers ein gewaltiges Durcheinander anzurichten. Doch bevor die Band aus Los Angeles mit ihrem in Kürze erscheinenden Debütalbum „The Fool“ den Großangriff auf unser Unterbewusstsein startet, ist ihre im letzten Jahr erschienene „Exquisite Corpse“-EP nun zur Einstimmung und Vorbereitung erneut veröffentlicht worden.

Fünf Songs sind es, mit denen Warpaint ihr musikalisches Spektrum abstecken. Irgendwo zwischen Postpunk und Dreampop bewegen sich die düsteren Songs der Band, die in einem Stadtteil von Los Angeles zu wohnen scheinen, in dem nie die Sonne scheint. Dadurch, dass sich Warpaint beim Aufbau der Songs viel Zeit lassen, entwickeln diese eine ganz besondere Dynamik. Die Spannungsbögen sind sehr weit gespannt, so dass man unbedingt mit aufmerksamen Ohren dabei sein muss, wenn man sich die Musik von Warpaint anhört. Allerdings weiß man nie, wohin die Reise letztlich geht – selten kommt man auf dem direkten Weg zum Ziel. Allein das zentrale, von der Akustikgitarre getragene „Billie Holiday“, in dem immer wieder der Songtitel durchbuchstabiert wird, macht es einem leicht zu folgen. Mit seinem sphärischen, mehrstimmigen Gesang zieht einen dieser Song besonders rasch in seinen Bann und ließe sich wohl am ehesten als „schön“ bezeichnen.

Die anderen Songs von „Exquisite Corpse“ zeigen sich da weitaus bedrohlicher. Meist setzt eine E-Gitarre ein paar Töne in den leeren Raum, lässt sie wirken, beginnt mit dem Bass Kontakt aufzunehmen und bekommt durch das Schlagzeug eine rhythmische Richtung vorgegeben. Über dem sich verdichteten Sound erheben sich die entrückten Frauenstimmen und nehmen den Hörer mit. Doch stets liegt da diese Ungewissheit in der Luft, worauf man sich hier einlässt. Nicht unbedingt muss alles in der Katastrophe enden, so berechenbar sind Warpaint nicht. Gerade zum Ende hin schlagen die Songs meist eine ganz neue Richtung ein, enden abrupt oder schleichen sich auf leisen Sohlen davon. Jeder Song stellt einen vor neue Überraschungen. Und so bleibt „Exquisite Corpse“ trotz der recht langen Songs durchweg spannend und faszinierend, allerdings auch anstrengend und aufreibend. Was weiß man also nach dem Hören dieser EP? Bei Warpaint muss man auf alles gefasst sein. Wir haben die Warnung verstanden – das Album kann also gerne kommen.

Kilian Braungart

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