Rezension

Tyler, The Creator

Wolf


Highlights: Jamba // Domo23 // Rusty
Genre: Hip Hop
Sounds Like: OFWGKTA // Earl Sweatshirt // Domo Genesis // Hodgy Beats

VÖ: 05.04.2013

Tyler, The Creator ist so ein richtig sympathischer Typ. Authentisch und mit einem Haufen Probleme, mit denen er ganz offen umgeht – das viel diskutierte Verspeisen von Insekten da mal außen vor gelassen. Seit knapp fünf Jahren ist er nun vom ambitionierten, multimedial talentierten jungen Mann zum Hype geworden und hat dafür gesorgt, dass sich auch Leute außerhalb des Hip-Hop-Genres für ihn interessieren. Der Hype hat sich mittlerweile zwar schon wieder relativiert, aber dem Interesse an seinem neuen Album „Wolf“ hat das trotzdem keinen Abbruch getan, denn für viele schien Tyler das Sprachrohr einer Jugendkultur zu sein, die trotz oder vielleicht gerade wegen eines totalen Überangebots an Einflüssen eine Unzufriedenheit entwickelt hatte, in der Antihaltung der einzige Ausweg zu sein schien. Genügend Projektionsfläche bot Tyler dafür von Anfang an.

Ob ihn das zu einem guten Musiker beziehungsweise Rapper macht, stand allerdings schon immer auf einem ganz anderen Blatt. Sein Flow zumindest ist und bleibt sehr voraussehbar und seine Technik bewegt sich auch auf einem sehr überschaubaren Niveau. Dass es darauf nicht unbedingt ankommt und dass seine Stimme allein viele Menschen zu begeistern weiß, ist spätestens seit dem direkten Vorgänger „Goblin“ klar. Trotzdem konnte man schon vor dem Release erahnen, dass Tyler wohl nicht durch innovative Reimkonstrukte begeistern würde. Sein gelangweilter Flow, dem man sicher so etwas wie Charme unterstellen kann, wenn man möchte, strengt auf 71 Minuten dann doch gelegentlich an. Die überdimensionale Länge seiner Projekte ist fast schon Tylers traditionelles Problem. Was die Produktion der Tracks angeht, die stellenweise großartig ausgefallen ist, stellt vor allem „Domo 23“ eine Ausnahme dar. Auf dem Track variiert Tyler seinen Flow und mit einigen harten Synthies im Rücken klingt das wütender als auf vielen Tracks eh schon, mit dem gewohnten Schuss Ironie – „Fuck that – Golf Wang“. Leider ist der Großteil der restlichen Produktion zwar ebenfalls sehr rund, aber auch sehr ähnlich und langsam, was nicht unbedingt kurzweilig ist.

Was man bei all den negativen Punkten zugeben muss, ist, dass die Richtung, die Tyler mit seiner Musik eingeschlagen hat ziemlich eigenständig ist. Das ist nicht alte und nicht neue Schule, sondern irgendwas, was sich Einflüssen mutig und absichtlich verschließt. So funktioniert die Kunstfigur Tyler/Goblin/Wolf, auch wenn die Hälfte der Lieder musikalisch nicht in der ersten Liga spielen. Aber bei OFWGKTA stand das Gesamtkonstrukt ja eh schon immer über den einzelnen Tracks oder Releases. Wem Tyler vorher gefallen hat, dem wird auch das neue Album gefallen und in Zeiten von Macklemore ist Tyler so vielleicht der gesunde Kompromiss zwischen Hipstertum und ehrlicher Liebe zum Hip Hop. Die Grenzen zwischen Trend und Anti-Trend sind eh schon lange verschwommen und irgendwo hat der kauzige junge Mann halt seine Daseinsberechtigung und bleibt gerade wegen seiner Macken der sympathische Typ, dem man es irgendwie gönnt.

Arne Lehrke

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Live-Performance zu "Rusty" bei Letterman

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