Rezension

Tyler, The Creator
Cherry Bomb
Highlights: Deathcamp // Cherry Bomb // Smuckers
Genre: Hip Hop // R'n'B // Crossover
Sounds Like: Odd Future // Earl Sweatshirt // Pharrell Williams
VÖ: 01.05.2015

Er hat eine große Zukunft hinter sich. Zu Beginn der Zehner hätte wohl die große Mehrheit ihr Geld darauf verwettet, dass das große musikalische Statement des Rapkollektivs Odd Future aus Los Angeles von Tyler, the Creator kommen würde. Es war von Beginn an klar, dass Tyler Kopf und Aushängeschild dieses diffusen Haufens war. Doch es kam alles anders. Nicht „Goblin“, Tylers erste offizielle Veröffentlichung, wurde 2011 zum Meilenstein. Stattdessen dauerte es ein weiteres Jahr, bis Frank Ocean sein Coming-Out-Album „Channel Orange“ veröffentlichte und zumindest der Truppe als ehemaliges Gründungsmitglied ein Denkmal setzte.
Tyler, the Creator hingegen fand den Massenerfolg von „Yonkers“ nie wieder. Stattdessen waren seine Alben disparate Ideensammlungen und interessante Ansätze, die es allerdings nie so wirklich auf den Punkt brachten. Zu lang, zu vertrackt, zu uneinheitlich. Und wo über 70 Minuten geschossen wird, dort fallen dann doch auch mal ein paar Zufallstreffer. Das neue Album „Cherry Bomb“ wirkt nun, zumindest was die Tracklist angeht, wie der Versuch, ein einheitlicheres Album zu veröffentlichen. Mit 54 Minuten ist es wesentlich kürzer als alle vorherigen Veröffentlichungen. Nach dem ersten Durchlauf ist dann klar: Dieser Tyler will sich nicht nur nicht aufraffen, er kann es wohl einfach nicht. Allein die Tatsache, dass das Album mit fünf verschiedenen Covern veröffentlicht wird, spricht Bände.
Pharrell Williams bleibt dabei besonders in Bezug auf seine Veröffentlichungen mit N.E.R.D. immer noch die Hauptbezugsgröße. Der Opener „Deathcamp“ ist Crossover im altmodischen Sinn des Wortes und überrascht erst mal durch seine Direktheit. Insgesamt zeigt sich „Cherry Bomb“ selbst für Odd-Future-Verhältnisse außerordentlich heterogen. Tyler schafft es nicht, eingängige Lieder aus vielen seiner diffusen Ideen zu formen. Vielmehr verlaufen R'n'B-Entwürfe wie „Find Your Wings“ in einem unfokussierten Singsang, der auch nach wiederholtem Anhören eine eindeutige Melodieführung vermissen lässt. Am überzeugendsten klingt Tyler dann, wenn er das sensible Trällern lässt und keine Rücksicht auf R'n'B-Trends nimmt. Der Titelsong erinnert sogar an Prodigys „Firestarter“ und wird alleine wegen der völlig übersteuerten Produktion Schönwetterfans vergraulen. „Smuckers“ ist wegen der Guestlist mit Lil' Wayne und Kanye West schon vor dem Anhören der eindeutige Hitkandidat – und überzeugt dann auch völlig mit einem erstaunlich zurückgelegten Old-School-Beat. Kein Wunder, dass die beiden letzten Songs dann trotz Pharrell Williams bei „Keep Da O's“ nur so vor sich hinplätschern. Davor wurde bereits alles gesagt. Man könnte nun wieder die Entschuldigung anführen, dass Tyler noch jung ist und sich erst mal in seiner Kreativität austoben muss. Allerdings sollte man so langsam einsehen, dass es wohl einfach nicht stromlinienförmiger geht. Ein Statement ist diese „Fuck it“-Attitüde allemal. Ein gutes Album? Nur bedingt.
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