Rezension
The View
Bread And Circuses
Highlights: Grace // Tragic Magic // Walls
Genre: Indierock
Sounds Like: The Kooks // Arctic Monkeys // Sugarplum Fairy // Babyshambles
VÖ: 11.03.2011
Zu den größten Feinden des coolnessbewussten Musikjournalisten gehört ein ganz fieses Tierchen: Der Ohrwurm. Eine kleine Spezies also, die den unterschwelligen Impetus, möglichst nur von intelligentem Songaufbau und kreativen Arrangements begeistert zu werden, einfach mal dreist dadurch sabotiert, dass sie absolut simple Melodien in die rechte Gehirnhälfte schießt, die sich dort erst einmal hartnäckig verbarrikadieren. Und wenn diese Spezies dann noch von einer Truppe von Jungspunden produziert wird, die legal wahrscheinlich nicht einmal auf ihre eigenen Konzerte gehen dürften? Absolute Frechheit!
Genau für solche Frechheiten zeigten sich jedoch The View verantwortlich. Man wollte sie als Libertines-Kopie für die U18-Disco belächeln, tanzte dann aber doch zu „Same Jeans“ und „Wasted Little Djs“ tellerabtrocknend durch die Küche. Nun sind The View jedoch in den Mittzwanzigern und – auch wenn ihr Produzent 100mal „Youth“ heißt – haben scheinbar selber, peinlich berührt, gemerkt, mit was für simplen Mitteln sie einige der größten Indiehits des Jahres 2007 geschrieben haben.
Nicht, dass The View diese verlernt hätten: Der Opener „Grace“ wartet nur auf den erst noch zu drehenden Teeniefilm, den er perfekt untermalen kann und auch die darauf folgenden „Underneath The Light“ und „Tragic Magic“ injizieren die Endorphine gleich mit der Spritztüte in den Kreislauf. Umso überraschender, wenn „Friend“ dann auf einmal klingt, als wollte es die nächste Zeitmaschine in die Disco der 70er nehmen und „Walls“ nicht nur an das letzte Wildwest-Album der Arctic Monkeys erinnert, sondern quasi auch die Lyrics aus Journeys „Don't Stop Believin'“ klaut. Schließlich haut „Life“, dessen Streicher immerhin vom Londoner Symphonie-Orchester eingespielt wurden, das Ausrufezeichen hinter den Fakt, dass hier die kleine Melodie durch die große Geste ausgetauscht wurde. Dieser Weg führt selten in die Gosse, wird dabei aber auch langfristig wohl den erwähnten Ohrwürmern den Garaus machen. Die Frage ist nur – wieviel bleibt dann noch übrig von The View?
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