Rezension

The Mars Volta

Octahedron


Highlights: Teflon // With Twilight As My Guide // Cotopaxi
Genre: Leicht poppigerer Avantgarde-Progrock
Sounds Like: Omar Rodriguez-Lopez // Pink Floyd

VÖ: 19.06.2009

Kaum etwas ist so symbolisch-repräsentativ für "Octahedron", das fünfte Album von Mars Volta, wie die ersten 97 Sekunden der Platte. Denn anstelle - wie vielleicht zu erwarten war - bereits in dieser Zeitspanne mehr Ideen als in ganzen Alben manch anderer Bands und mehr Wahnsinn als in einer herkömmlichen Psychiatrie unterzubringen, eröffnen The Mars Volta "Octahedron" mit.... Stille.

Und auch auf den restlichen - grob geschätzt - 60 Minuten des Albums wird allen Prophezeiungen, die nach diversen Vorabsongs und dem einen oder anderen Leak im Netz kursierten, Recht gegeben: Bei "Octahedron" handele es sich um die "Akustikplatte" oder die "Popscheibe" der Combo um Cedric Bixler-Zavala und Omar Rodriguez-Lopez, selbst mancher Unkenruf, Timbaland müsse das Album wohl produziert haben, kam auf. All dies ist irgendwie korrekt, irgendwie aber auch nicht. Denn ebenso wie der härteste Song des härtesten Snow-Patrol-Albums wohl immer noch ein perfekter Radiosong bleiben müsste, muss auch trotz aller Einschränkungen der bandtypischen Durchgeknalltheit nach "Octahedron" nicht gefürchtet werden, dass Cedric und Omar bei den nächsten MTV Music Awards den Live-Auftritt von Lady Gaga ansagen würden.

Zwar wirken die Gitarrenparts des Openers "Since We've Been Gone" wirklich noch wie ein typischerer Mars-Volta-Song auf Valium und auch das darauf folgende, (ausnahmsweise nur) latent psychedelische "Teflon" ist mit seiner markanten Aufforderung Let the wheels burn vielleicht der einzige Song der Band, den man beim Autofahren hören könnte, ohne vorher sicherheitshalber KFZ- und Lebensversicherung aufstocken zu müssen. "Cotopaxi" - der "lauteste" Song - lässt zwar endlich einmal auch den Drummer sich austoben, hält sich aber dennoch brav an den 4/4-Takt. Und doch wird einem immer mal wieder aus jeder möglichen Richtung entgegengeschrien, dass es sich hier letztlich doch um eine Scheibe von Mars Volta handelt. Verprügeln sich da am Ende von "Halo Of Nembutals" Drummer und Keyboarder gegenseitig mit ihrem Instrument?

Und außerdem muss im Diskurs, ob es sich hier um die Pop-Platte der Band handele, unwiderruflich gefragt werden: Kann irgendetwas Pop sein, dem Cedric Bixler-Zavala seinen Gesang und seine Texte beisteuert? Um diese Frage zu beantworten, kann man dessen schrilles, auch auf "Octahedron" gerne mal wieder mit dem "Ich ertrinke übrigens gerade beim Singen"-Effekt verfremdetes Organ beinahe ignorieren und sich nur auf die Lyrics konzentrieren, die erneut selbst die einsichtigsten Interpreten überfordern dürften.

An diesen nicht vollends verschwundenen Trademarks der Band mag es liegen, dass "Octahedron" nach anfänglicher extremer Abneigung doch noch Sympathien seitens des Rezensenten finden konnte. Eins kann man The Mars Volta zumindest nicht vorwerfen: Dass sie in irgendeiner Weise stagnieren würden. Oder, um es mit den Worten von Kollege Köhler zu sagen: "Die Band kann ja doch noch richtige Songs schreiben". Zumindest das wäre jetzt also geklärt. Ob sie jemals richtige POP-Songs werden schreiben können, schreiben wollen? Wohl kaum.

Jan Martens

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