Rezension

The Low Anthem

Smart Flesh


Highlights: Boeing 737 // Golden Cattle // Matter Of Time
Genre: Folk // Country
Sounds Like: Lambchop // Calexico // Fleet Foxes

VÖ: 25.02.2011

Manchmal muss man auch einfach etwas neues ausprobieren, und das hat es wahrscheinlich noch nicht vorher gegeben: Ihre neue Platte "Smart Flesh" haben The Low Anthem in einer fast 4000m² großen stillgelegten Pastasaucen-Fabrik aufgenommen. Hatten sich die Herren und Damen seinerzeit für den Vorgänger "Oh My God, Charlie Darwin" noch für zehn kalte Wintertage in einer Hütte auf einer kleinen Insel im heimatlichen US-Bundesstaat Rhode Island verschanzt, so wurde es in der unbeheizten Fabrik nun auch recht frisch. Kalt blieb es leider auch nach zehntägiger Einrichtungsphase, an deren Ende endlich Studioequipment, Instrumente und ein kleiner gemütlicher Wohn- und Kaffeebereich eingerichtet waren.

Gerade diese Umstände verleihen dem Album ein besonderes Antlitz. Die Band selbst gab zu Protokoll, dass die niederen Temperaturen langsamer, dafür aber fokussierter machen. Ein Fakt, der "Smart Flesh" deutlich anzumerken ist: elf Songs, von denen außer wenigen Ausnahmen ("Boeing 737" z.B.) keiner aufs Gaspedal tritt, zurückhaltende, auf den Punkt gebrachte Stücke. Bei allen Songs, ob schnell, ob langsam, spielt der große Raum eine Rolle – klar, dass hier ein anderer, weiterer Sound entsteht als in einem kleinen Studio. Die klanglichen Möglichkeiten wie z.B. ein riesiger natürlicher Hall sind ganz anders, Mikrophone können anders positioniert werden. In "Golden Cattle" scheint so der Gesang aus weiter Ferne herzudringen, während die Klarinette näher positioniert ist und aus anderer Richtung kommt.

So langsam und zurückhaltend die häufig countryesken Songs sind, so liebevoll schleichen sie sich ins Gehör. "Ghost Woman Blues" setzt den Anfang, auffällig häufig wird die Klarinette eingesetzt, ihr mit "Wire" sogar ein Solostück gegönnt. Überhaupt fällt auf, wie minimalistisch The Low Anthem sind. Der Raum, den sie als Studio verwenden, wird auch ihrer Musik gegönnt. Ihr wurde genau der Platz und die Zeit gegeben, die nötig sind. Beispiel: Der großartige, am Ende stehende Titelsong "Smart Flesh" baut sich fünf Minuten lang auf, um dann kurz zu explodieren und danach zwei Minuten lang seicht und weit zu zerfließen. Der Platte wird so ein feiner Schlussstrich beschert und der Hörer kann in Ruhe und zufrieden ausatmen. Er kam in den Genuß eines feinen Manifests der Gemütlichkeit, eines idealen Werks für den Sonntagabend vor dem Kamin.

Daniel Waldhuber

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