Kurz nach dem Jahreswechsel bin ich mit dem Zug durch Brandenburg gefahren. Am Fenster zog eine grau-weiße Landschaft vorbei. Nichts schien sich dort zu bewegen, alles vor Kälte erstarrt. Die dürren Bäume, die vereinzelten Höfe, das raue Ackerland. Das alles wirkte aus dem warmen Zugabteil spröde und bedrückend, übte in seiner erstarrten Schönheit aber auch einen eigenartigen Sog auf den Betrachter aus. Diese Melancholie, die einen lächeln lässt. The Boxer Rebellion legen mit ihrem zweiten Album „The Cold Still“ jetzt einen verspäteten Soundtrack für diese Zugfahrt vor.

Wir erinnern uns: 2009 veröffentlichte die Band aus London ihr zweites Album „Union“ nur bei iTunes und landete hier gleich einen Charterfolg. Das alles ohne eine Plattenfirma und deren Promotion im Rücken. Durch diesen märchenhaften Erfolg, der auch die nachträgliche, physische Veröffentlichung von „Union“ zur Folge hatte, sind die Erwartungshaltungen bei dessen Nachfolger „The Cold Still“ natürlich immens größer. Vielleicht hat man sich deshalb auch vorsichtshalber an Bewährtes gehalten. Der Sound der Band bleibt sphärisch, melancholisch und irgendwie leicht entrückt. Der Opener „No Harm“ zieht den Hörer sogleich in diese dunkle Klangwelt. Sänger Nathan Nicholson schmachtet und leidet, während die Musik sich in immer weitere Höhen schraubt, um von „Step Out Of The Car“ gleich wieder auf den Boden geholt zu werden. Ein Song, der auch den Editors gut zu Gesicht stehen würde. Noch zwingender ist dieser Vergleich wohl bei „Memo“ und seinen treibenden Gitarren.

„The Cold Still“ ist ein rundes Album, auch wenn die richtig großen Hits fehlen. Die richtige Mischung aus Melancholie und Das-wird-schon-wieder, für die man immer mal wieder äußerst empfänglich ist. Und in Brandenburg soll ja auch wieder Schnee liegen.

Florian Tomaszewski

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