Rezension
Shabazz Palaces
Lese Majesty
Highlights: Dawn in Luxor // They Come In Gold // #Cake // Motion Sickness
Genre: Hiphop // Electro
Sounds Like: Anticon // Ratking // Death Grips
VÖ: 01.08.2014
Seattle ist vorbelastet. Seitdem sich in den frühen Neunzigern bärtige und hemdsärmelige Typen ihre Pawnshop-Gitarren umschnallten, um sich wirklich, wirklich tiefe Gefühle aus der Seele zu kotzen, steht die Metropole als Synonym für Grunge. Also genauso wie das Hauslabel Subpop für ehrlichen, häufig erdigen Rock. Mit Shabazz Palaces veröffentlichen die altehrwürdigen Hallen des Indierock nun ausgerechnet Hiphop. Und das schon zum zweiten Mal. Wildern sie nun in fremden Gewässern? Doch Shabazz Palaces bringen Seattle gar nicht auf die Karte des Hiphop-Zirkus. Sie wollen es gar nicht.
Mehr noch als das Debütalbum löst sich "Lese Majesty" von sämtlichen Genrekonventionen, von verknoteten Handzeichen, Tupac-oder-Biggie-Prinzipienfragen, und der bewusstseinserweiternden Droge deiner Wahl. Shabazz Palaces vergraben sich tiefer in ihrem eigenen Universum, in dem Electropluckereien, alte Synthesizer, ein steter Singsang und wirre, hypnotisierende Hintergrundgeräusche vage Fixpunkte sind. "Lese Majesty" verabschiedet sich vom isolierbaren Song und erzeugt stattdessen einen harmonischen Fluss, bei dem Skizzen in ausgearbeitete Lieder und diese wieder in Fragmente übergehen. Völlig nahtlos, natürlich. Am ehesten erinnert diese Patchwork-Herangehensweise an das mittlerweile passiv gewordene Label Anticon, das Schlaumeiern, Wirrköpfen und Wortakrobaten als Sprachrohr dient. Doch im Gegensatz zu vielen Anticon-Bands verlieren die Shabazz Palaces sich nie völlig in wirren Knöpfchendrehereien: Der Hörfluss bleibt höchste Priorität.
"Lese Majesty" ist eine akustische Wundertüte und versammelt die apokalyptische Mutantendisko-Nummer "They Come In Gold", die Soundcollage "Divine Of Form" und das vom Indie beeinflusste "Noetic Noiromantics". Die Shabazz Palaces sind entrückt, verschroben und nicht nur geographisch von sonstigen Trends und Bewegungen abgeschottet. Und sind deshalb gerade so unheimlich spannend und erfrischend in einem Musikgenre, das trotz seiner Vielfalt immer noch mit dämlichen Klischees und Vorurteilen zu kämpfen hat. Musik aus Seattle? Immer noch ein Qualitätssiegel.
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