Rezension

Prinz Pi

Im Westen Nix Neues


Highlights: Schornsteine // Schwermetall // Kartenhaus
Genre: Deutscher HipHop // Pop
Sounds Like: Casper // Marteria // Orsons

VÖ: 05.02.2016

Einmal mehr veröffentlicht der unbeliebte Junge mit der Kackfrisur eine Platte für die, die seine Zeilen verstehen. Prinz Pi aka Friedrich Kautz geriert sich weiter als ewiger Außenseiter und als der, der die Gefühle, Gedanken und das Leben der ihm Gleichenden in Worte zu fassen vermag und hat, so dass beim Tätowierer die Jobs explodieren. Der Promozettel nennt Pis HipHop “literarischen Rap” – vielleicht sollte Kautz ein Buch schreiben.

Die Probleme des aktuellen elften Kautz-Albums sind mannigfaltig. Sie fangen bei dem hochgestochenen Remarque-referenzierenden Titel “Im Westen Nix Neues” an, gehen über die Überlänge und den häufigen Mangel an Zusammenspiel zwischen Instrumentals und Raps bis hin zur gelegentlichen Formelhaftigkeit, Inhaltsleere und unnötigen Verklausulierung der Texte. Hinzu kommt der dauernde Fokus auf das eigene ewige Außenseitertum.

Das Gute am Album lässt sich aber auch nicht ignorieren und vermag manches der Probleme abzufangen. Zuvorderst sind Biztrams Beat- und Instrumental-Produktionen zu nennen, die im Regelfall von Hart bis Zart, von Extrovertiert bis Introvertiert die Stimmung der Tracks nicht nur spiegeln, sondern prägen. Sowohl im Melancholischen wie im Kämpferischen mögen sie zwar gelegentlich über das Ziel hinaus schießen und zu kitschig beziehungsweise zu platt konfrontativ sein, aber zumindest letzteres gehört nunmal auch zum Rap dazu. Natürlich gibt es auch wieder diese Zeilen, die einen in der eigenen, egal ob studentischen oder mitt- bis enddreißiger Lebenssituation reflektieren.

Alles in allem aber – und dafür ist Kautz zu bewundern – bestimmen Pis eigene Erlebnisse, eigenen Gedanken die Texte. Die Raps sind aus seiner Welt gegriffen und auch nur für diese gültig. Kautz traut sich, sein Inneres nach Außen zu kehren. Diese Texte wiederum sind zudem ungefähr so verkopft und doch abgegriffen, als habe jemand versucht, große Bilder und Literatur zu schaffen, es fehlen aber die sprachlichen Möglichkeiten.

“Im Westen Nix Neues” ist ein Album, das die Zielgruppe sicherlich erreichen wird. Es ist möglich, dass sie sich mit den selbstrefenziellen Texten weniger identifizieren kann als noch bei den Vorgängern, aber die verbleibende Identifikationsfläche sollte immer noch ausreichen und den Rest dürften Biztrams Produktionen kompensieren. Im Versuch, die Platte möglichst objektiv zu bewerten, ist sie weder sonderlich schlecht noch besonders gut.

Oliver Bothe

Sehen


Schwermetall
1,40m (feat. Philipp Dittberner)
Im Westen Nix Neues / Tochter

Hören


Weiße Tapete / Minimum

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Bye-Bye



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