Rezension

Passenger

Whispers


Highlights: Coins In A Fountain // 27 // Thunder // Riding To New York
Genre: Singer-Songwriter
Sounds Like: Ed Sheeran // Simon & Garfunkel // Ben Howard

VÖ: 06.06.2014

Der Musiker an sich gilt, erst recht wenn er erfolgreich ist, als eher egozentrisches Wesen. In seinen Liedern besingt er zwar die Schönheit der Welt, um daraufhin dann aber backstage Forderungen vom Lieblingssekt bis zur größeren Müslischüssel zu stellen. Das trifft natürlich nicht auf jeden zu und sicherlich gibt es auch Musiker, die sich gegenteilig verhalten.

In letzteres Schema passt wahrscheinlich Passenger. Vom Straßenmusiker hat er sich immer weiter hochgearbeitet, um dann mit dem Glück des Tüchtigen und der Sensationssingle “Let Her Go” die Charts zu stürmen. Wenige Leute schaffen es, in so einer Situation auf dem Boden zu bleiben, einer von ihnen ist Passenger. Bei so gut wie jedem seiner Konzerte spielt er tagsüber noch ein paar Songs in den Fußgängerzonen der jeweiligen Städte, er vergisst nicht, wo er herkommt. Was jedoch noch viel wichtiger ist, ist die Tatsache, dass er es geschafft hat, trotz des großen Erfolgs einen ebenso starken Nachfolger zu veröffentlichen.

Passenger zeichnet sich nicht durch extravagante Instrumentierung aus und er ist auch nicht auf die Idee gekommen, irgendwelche Experimente zu versuchen. “Whispers” schließt direkt an den Vorgänger “All The Lights” an. Mit ruhigen, melancholischen Liedern macht er sich auf, das Erbe von Künstlern wie Simon & Garfunkel am Leben zu erhalten. Lieder, die auf Platte zwar durch Piano oder Drums unterstützt werden, aber ebenso gut nur mit akustischer Gitarre ihre volle Pracht entfalten. Das ist nichts Neues, das ist nicht innovativ. Diesen Anspruch hat Passenger mit seiner Musik auch nicht verfolgt. Er schafft es auf minimalistischste Art und Weise, große Melodien mit tollen Texten zu verbinden.

Ob er sein eigenes Leben besingt wie in “27” oder das Schicksal eines alten Mannes in “Riding To New York”, er schafft es, durch seine beinahe flüsternde Stimme und die melodiöse Gitarre eine schöne Verkleidung für seine Texte zu finden. Dabei wechselt die Stimmung zwischen positiv und negativ hin und her, ohne dabei gekünstelt oder übertrieben zu wirken. Und hier und da kommt noch eine Prise Ironie dazu, die auch vorher schon ein wichtiger Bestandteil seiner Texte war. Und auch das allseits beliebte Thema der Gesellschaftskritik wirkt bei ihm nicht belanglos, wodurch er einigen Chartkollegen einen großen Schritt voraus ist.

Passenger ist nicht jedermanns Sache, erst Recht im Indie-Bereich bekommt er nicht die Aufmerksamkeit, die er verdient hat. Natürlich muss es nicht jedem gefallen, dennoch lassen sich zu viele Leute von dem Prädikat “massentauglich” blenden. Ja, Passenger bekommt sehr viel Radio-Airplay. Aber das Radio hat sich auch in den letzten Jahren sehr dem Indie-Folk oder Singer-Songwritertum geöffnet. Durch Bands wie Family Of The Year oder The Common Linnets, die außer einem Hit nichts Großes leisten konnten, sehen viele Leute auch Künstler wie Passenger kritischer, was auf keinen Fall angemessen ist. Denn wenn jemand es geschafft hat, innerhalb von zwei Jahren zwei so durchgängig gute Alben zu veröffentlichen und dazu noch so bodenständig geblieben ist, dann hat er es nicht verdient, in einem Atemzug mit obigen Bands genannt zu werden.

Lewis Wellbrock

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Stream zu "Whispers".

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