Rezension

Ought

Sun Coming Down


Highlights: Men For Miles // Sun's Coming Down // Beautiful Blue Sky
Genre: Art-Punk // Post-Punk
Sounds Like: The Velvet Underground // Talking Heads // Sonic Youth

VÖ: 18.09.2015

Ought waren eine der spannendsten neuen Bands, die das Jahr 2014 aufbrachte. Musik zwischen Velvet Underground, den Talking Heads und Sonic Youth, die dann doch nur nach Ought klingt, intelligente, politische Texte, elektrisierende Liveshows und ein Sänger mit einem unvergleichbaren Charisma zeichnen die vier jungen Bandmitglieder aus Montreal aus. Eine wahre Premiumentdeckung des großartigen Labels Constellation Records. Nach dem Debüt „More Than Any Other Day“ im vergangenen Mai und der EP „Once More With Feeling...“ folgt nun schon die zweite Platte „Sun Coming Down“. Die Band befindet sich vollkommen im kreativen Flow.

Diesen Flow kann man spüren, auch, dass die Platte größtenteils auf der endlosen Tour der Band geschrieben wurde. „Sun Coming Down“ ist das rohere zweite Album, das auf das erste Meisterwerk folgt. Hier ist die Wut, die das Innerste der Band zusammenhält, deutlicher zu spüren, die Spannungen sind oft offensichtlicher. Ein Song wie „The Combo“ wäre auf dem Debüt etwa nicht zu finden gewesen. Sänger Tim, der nun Garcy und nicht mehr Beeler heißt, singt noch spezieller, oft so, als hätte er eine heiße Kartoffel im Mund, die er direkt ans Mikro drückt. Der Gesang ist sehr trocken aufgenommen, manchmal fast übersteuert, und dadurch sehr präsent. Er wirkt, wie die ganze Platte, noch etwas fordernder als auf dem Debüt.

Es fühlt sich so an, als hätte die Platte unbedingt veröffentlicht werden müssen, das Statement gemacht werden, der Weg weitergegangen. Ought haben uns etwas mitzuteilen. Inhaltlich dreht sich Musik heutzutage häufig hin zu Persönlichem, zu Besinnlichkeit. Ought gehen diesen Weg wieder zurück, vom Privaten, von persönlichen Entscheidungen ins Politische. Alles was wir tun, hat eine Bedeutung, jede Entscheidung ein Gewicht. „Beautiful Blue Sky“, das Highlight der Platte, bringt eine Wut über die Belanglosigkeiten des Alltags auf den Punkt. Garcy reiht Begriffe des gewöhnlichen, alltäglichen Mittelstandsluxus wie „Condo“ oder „New Development“ aneinander, nur um dann die Gleichgültigkeit an allem außer den eigenen Bedürfnissen auseinanderzunehmen, indem er grausige Small-Talk-Formeln herauswütet: „Beautiful weather today // How’s the church? // How’s the family? // How’s your health been? // Fancy new hair“. „That’s all that we have // just that // and the beautiful big blue sky“ bekennt er. „I’m no longer afraid to die, because that is all that I have left“ bringt die Wut auf den Punkt, und ein simples „Yes“ sprengt den Rahmen, symbolisiert es eine bewusste Entscheidung in all dem gleichgültigen Treiben. Die Spannung des Songs, der über eine einzige, treibende Basslinie läuft, ist zu spüren.

Ought sind eine Band, von der wir noch eine Menge zu erwarten haben. „Sun Coming Down“ ist ein Schritt auf dem Weg, der die Band immer weiter zu den inhaltlich spannendsten und wichtigsten Musikern unserer Zeiten machen wird. Ought machen durch ihre Energie die Möglichkeit zur Veränderung der Umstände spürbar. Bands wie diese entschädigen einigermaßen angemessen dafür, für die besten Zeiten von Velvet Underground und den Talking Heads zu spät geboren zu sein. Oughts Ansichten über die Welt können wir weiterhin bei der Entwicklung zuschauen, und die ist noch lange nicht am Ende.

Daniel Waldhuber

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