Rezension

Of Montreal

False Priest


Highlights: Hydra Fancies // Sex Karma // Girl Named Hello // Famine Affair // Around The Way
Genre: Glam-Rock // Electronic // Indie-Pop // Funk // Experimental
Sounds Like: The Decemberists // Bonaparte // Mika // The Flaming Lips

VÖ: 17.09.2010

Es gibt etwas zu feiern für Kevin Barnes und sein Projekt Of Montreal. Mit „False Priest“ ist dieser Tage das zehnte Album der Band erschienen. Während Filialen zu runden Eröffnungszahlen neuer Geschäftsstellen mit Schnäppchen um sich werfen, wirft Barnes auf „False Priest“ mit Stilrichtungen um sich. Vom Glamrock, den man von Of Montreal gewohnt ist, wird immer wieder in andere Genres abgedriftet, zum Beispiel zu starken elektronischen Parts und R´n´B-lastigen Sprechgesängen. Eine dicke Portion Funk gibt es außerdem bei vielen der Songs noch dazu. Charakteristisches Erkennungsmerkmal bleibt aber nach wie vor Kevin Barnes' Stimme, die sich jedem Stil anpasst.

Mit „I Feel Ya´ Strutter“ eröffnet Barnes das Album mit feinstem Falsett-Gesang, der beim Autofahren, Duschen oder überhaupt zu jeder Gelegenheit definitiv zum Mitsingen einlädt. In „Like A Tourist“ fetzen tanzbare Melodien dem Hörer um die Ohren. In seiner gesanglichen Darbietung erinnert Barnes immer wieder an Bonaparte; die sich mit Of Montreal scheinbar nicht nur eine gemeinsame Vorliebe für angemalte Gesichter bei Live-Performances teilen. In „Sex Karma“, das sich als ein kleiner Hit des Albums herauskristallisiert, singt Kevin Barnes mit Solange Knowles, der kleinen Schwester von Beyoncé, im Duett. Möglicherweise hat das Album auch durch Solanges Inspiration seinen starken Soul- und Funk-Einschlag bekommen.

Nach dem poplastigen Duett mit Solange folgt einige Songs später in „Around The Way“ für Kevin Barnes ein Duett der ganz anderen Art, und zwar mit seiner Frau Nina. Den Song durchzieht eine Melodie, die an schrille Martinshörner denken lässt. Kevin suggeriert dem Hörer jedoch mit fröhlichem Popgesang, dass alles in Ordnung wäre. Man würde es ihm auch glauben, würde man nicht auf die Lyrics achten, in denen er da singt: „When You Get So Quiet And Depressed / Hate It And Drop Away Again / Can´t Understand / I Want To Die Again“. Die Spannung des Songs lädt dann allerdings Nina Barnes auf, indem sie auf Norwegisch in unverständlichen, schnellen Worten mit unheimlich vielen gerollten R´s einen mystisch anmutenden Text spricht. Sie zitiert dabei Teile aus einem Gedicht des norwegischen Dichters Olav H. Hauge, das „Sanningi“, die Wahrheit, heißt. Das Ganze passt nicht so ganz in den Zusammenhang, klingt aber dennoch großartig. Und nach feststehenden Strukturen sucht man auf „False Priest“ ohnehin vergeblich, da ein Stilbruch dem nächsten folgt.

Auch an dem Cover-Artwork für „False Priest“ hat Kevins Frau Nina, neben dessen Bruder David, mitgearbeitet. David Barnes sorgt seit „The Gay Parade“, dem dritten Album von Of Montreal, für die Covergestaltung. Im „False Priest“-Booklet gibt es, wie der Name verspricht, neben gesellschaftskritischen Bildern und Menschen, die als bösartige Tiercharaktere dargestellt werden, auch Zeichnungen von unserem Papst Ratzinger. Welche genauen Ansichten Of Montreal nun vom „falschen Papst“ haben, wäre interessant zu erfahren. Definitiv wird er dabei aber nicht gut weg kommen. Of Montreal dagegen kommen, trotz einigen unauffälligen Songs zwischendurch, mit „False Priest“ sehr gut weg. Und da es die gibt, können die großen Perlen des Albums – und von denen gibt es einige – noch umso stärker glänzen.

Marlena Julia Dorniak

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!