Rezension

Of Montreal

Hissing Fauna, Are You The Destroyer?


Highlights: Suffer For Fashion // Heimdalsgate Like A Promethean Curse // The Past Is A Grotesque Animal
Genre: Indie-Pop
Sounds Like: The Unicorns // Architecture In Helsinki // The Flaming Lips // Islands

VÖ: 16.02.2007

Es hat zunächst ein wenig den Anschein, als sei "Hissing Fauna, Are You The Destroyer?" ein viel zu lustiges Album. Zu lustig, als dass man eine ernsthafte Rezension dazu verfassen könnte. Wirre Gitarren umspielen herrlich nervtötende Keyboards, der Bass ist hauptsächlich damit beschäftigt, auf und ab zu hüpfen, und einigen Songs liegt ein Rhythmus zu Grunde, zu dem man auf der Tanzfläche problemlos doof aussehen könnte - ohne sich dabei doof zu fühlen. Es klingt fast ein bisschen so, als hätten sich die Unicorns (aus Montreal!) unter dem Namen Of Montreal wiedervereint. Und dann singt auch noch einer "oh-uh-ah-ah-oh-oh-ah-ah-ah". Da muss man doch freudig mittanzen und laut lachen, oder?

Weit gefehlt. Of Montreal ist gleich Kevin Barnes - und Kevin Barnes schien in letzter Zeit nicht gerade die Sonne aus den fünf Buchstaben. Wenn in den Texten seines neuen Albums nämlich Sonnenschein vorkommt, dann nur, weil der Schnee vom Vortag ja auch irgendwann wieder schmelzen muss. So gehört im längsten, wütendsten, traurigsten und besten Song der Platte, "The Past Is A Grotesque Animal". Krautrockige 11 Minuten und 53 Sekunden nimmt sich Barnes Zeit, um den Hörer zu überzeugen, dass Refrains überflüssig sind. Es gelingt. Wie? Indem er, zwischen Zynismus und Sarkasmus pendelnd, eine Wahnsinnszeile nach der anderen raushaut. Der Amerikaner, der nach Norwegen zog, um bei Frau und Kind zu sein, muss viel erlebt haben. Die weiseste unter vielen Weisheiten, an denen er die Welt teilhaben lässt, ist jedenfalls folgende: But it's like we weren't made for this world/ Though I wouldn't really want to meet someone who was.

(Kurze Pause zum Nachdenken.)

Wie anfangs angedeutet, geht es in der Regel zumindest musikalisch fröhlicher zu. "Suffer For Fashion" erinnert an Pulp, die Synthies aus "Cato As A Pun" wollen Stress mit den Flaming Lips, und "Bunny Ain't No Kind Of Rider" lässt vermuten, dass das Album nicht in Athens und Oslo, sondern auf einer Insel voller Einhörner entstanden ist. Inhaltlich bleibt es beim Konzept, das hervorragend umgesetzt wird: Entweder lieben und nicht geliebt werden, oder geliebt werden und nicht lieben. Musikalisch sind die Songs durch Übergänge verknüpft. Und, womit wir beim größten Problem des Albums wären, ähneln sich teilweise ziemlich. Ob das allerdings wirklich ein großes Problem darstellt, darf jeder selbst entscheiden. Wer will, darf auch behaupten, dass die Songs sich überhaupt gar nicht ähneln, das ist ja das Schöne an dieser komischen Meinungsfreiheit.

Die Behauptung, Of Montreal sei Kevin Barnes und sonst niemand, darf man übrigens ebenfalls in Frage stellen. Wie soll das bei den Konzerten ablaufen, denkt sich der eine oder andere vielleicht. Klingt schließlich kaum nach einem Solokünstler. Also muss eine Band her, und tatsächlich stehen bei Konzerten von Of Montreal für gewöhnlich noch ein paar andere Musiker auf der Bühne. Trotzdem nimmt die mehr oder weniger breite Öffentlichkeit Of Montreal völlig zu Recht als Ein-Mann-Band wahr. Bleibt zu hoffen, dass es niemand falsch versteht, wenn Kevin Barnes auf einmal nackt auf der Bühne steht. So geschehen in Las Vegas. Wahrscheinlich ist er einfach einer von den Typen, die beim Tanzen gerne doof aussehen. Ein bisschen Spaß muss sein. Oh-uh-ah-ah-oh-oh-ah-ah-ah!

Mario Kißler

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