Rezension
Muse
The Resistance
Highlights: Undisclosed Desires // Uprising // Exogenesis Symphony Part I-III
Genre: Gitarrenlastige Klassik
Sounds Like: Radiohead + Queen + Carl Maria von Weber
VÖ: 11.09.2009
Als Freunde dummer bis mittelkreativer Wortspiele hatten wir immer ein besonderes parat, wenn Muse einen neuen Song veröffentlichten: Wir waren amused. Natürlich nur, wenn uns das Lied gefiel, aber das war eigentlich immer der Fall. Nie taten wir es der guten alten Lizzy gleich und waren not amused. Aber jetzt war es soweit. "United States Of Eurasia", der erste Vorbote auf "The Resistance", hatte es geschafft. Ironischerweise sicher auch, weil sich der Song anhörte wie Queen. Nicht Elisabeth II., nein, die Band von Freddy Mercury - gegen die ich überhaupt nichts einzuwenden habe. Vor meinen Augen taten sich trotzdem Horrorszenarien auf. Matthew Bellamy, der mit dickem Schnäuzer und Beth Ditto "Barcelona" singt, oder "Bicycle Race" als Soundtrack für die nächste Tour de France covert. Ich hatte tatsächlich ein bisschen Angst vor "The Resistance". Völlig unbegründet, wie sich herausstellte.
Deutlich wird das schon im Opener "Uprising". Da wird die Faust gereckt und der Widerstand eingeleitet, während hektischer werdende elektronische Beats im Hintergrund die nahende Revolution unterstreichen. Mitten drin die Überraschung: eine Pause. Wie im Fußballstadion skandiert plötzlich eine Meute "Hey! Hey! Hey!" und Bellamy steigt wieder ein: "They will not force us / They will stop degrading us / They can not control us / We will be victorious!" Die drohende Gefahr wird in "Resistance" deutlich. Ein Paar hält sich versteckt. Ihre einzige Hoffnung, die Liebe: "Love is our resistance / They'll keep us apart and they won't stop breaking us down." Das erinnert an Orwellsche Zukunftsvisionen, aber gehört auch zum Alltag in Kriegen und Diktaturen. Harter Tobak also, den Bellamy hier geschrieben hat. Und das Wichtigste: musikalisch wird hier niemand verprellt, egal, ob er Muse seit "Showbiz" liebt oder erst mit "Black Holes And Revelations" kennengelernt hat.
Obwohl vieles doch typisch ist für die Musik von Muse, gibt es einige besondere Momente. "Undisclosed Desires", eine recht ruhige, unaufgeregte Nummer, ist mit einem an HipHop-Tracks erinnernden Beat unterlegt. "Guiding Light" könnte man auch Coldplay, Snow Patrol oder U2 in die Schuhe schieben, zumindest, wenn man die verzerrten Gitarren im Mittelteil ausblendet. Aber egal, was der Hörer über die ersten acht Titel denken mag, das Grande Finale dürfte alle in seinen Bann ziehen. Unter dem Label "Exogenesis Symphony" packen Muse ganz tief in die Trickkiste der klassischen Komposition. Eine dreiteilige Operette, vor der sich Musiklehrer verneigen dürften und über die sich Schüler freuen können, die nun nicht mehr mit dem Freischütz gequält werden müssen. Die "Exogenesis Symphony" muss einem nicht gefallen. Aber sie zeigt die Fähigkeiten von Bellamy als Musiker, an die in dieser Zeit keiner herankommen dürfte. Hätte er im 18. Jahrhundert gelebt, könnte ein bekannter Hit von Falco "Rock Me, Matt Bellamy" heißen.
"The Resistance" ist in jedem Fall ein hörenswertes Album geworden. Und trotz des resoluten Titels und der schwer im Magen liegenden Texte ist es melodiös leichtere Kost als der Vorgänger. Selbst "The United States Of Eurasia" fügt sich wunderbar in das Gesamtwerk ein. Der große Bruch nach den regulären Titeln und der "Exogenesis Symphony" gibt der Thematik auch noch etwas Bildhaftes. Zumindest erinnert der erste Teil an die große, schnelle und lebendige Hatz und der Schluss an das bedrohliche, schwermütige Finale in einem Film. Die Fortsetzung folgt bestimmt. Bis dahin warten wir und schwelgen in Bellamys Kompositionen. Und das völlig amused.
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