Konzertbericht

Muse


muse. Muse. MUSE. Ihren Bandnamen haben sie schon immer in Großbuchstaben geschrieben und auch bühnentechnisch sind die Briten um Frontmann Matthew Bellamy seit längerem in der Kategorie Stadionrock angelangt. "Dort, wo sie schon immer hingehört haben", könnte man meinen. Doch in gewisser Weise schließt sich erst mit dem nicht nur umjubelten Album "The 2nd Law", das letztes Jahr veröffentlicht wurde, ein Kreis. Denn es wirkt, als seien alle Tracks bereits mit den Ideen für die visuelle Umsetzung im Kopf von Mastermind Bellamy entstanden. So perfekt wirken zumindest die Performances, die das Trio auf der aktuellen Tour abliefert.

Auch wenn die wunderschön gelegene Waldbühne mit ihren steilen Tribünen kein Stadion ist und aufgrund geschickter Bauweise fast als kleines Venue erscheint, zeigt sich die tatsächliche Größe, die Muse als Band und ihre opulenten Auftritte mittlerweile erreicht haben von der ersten Showsekunde an. Klar, wer sich im Wembley-Stadion und ähnlichen Arenen zuhause fühlt, für den ist die betagte Waldbühne fast schon eine Nummer zu klein. So fährt ein überdimensionaler Roboter quer durch die Zuschauermenge statt über die Bühne und neben den obligatorischen Riesenleinwänden gibt es die eine oder andere Schauspieleinlage. Es dauert allerdings bis zur zweiten Konzerthälfte, als die Dunkelheit eingesetzt hat, ehe die Abgrenzungen der Traversen verschwimmen und sich die Menschenmassen in ein digitales Lichtermeer stürzen.

Dabei spielt die Band einige ihrer stärksten Songs ("Hysteria", "Bliss", "Supermassive Black Hole", "Knights of Cydonia") bereits in der Anfangsphase, gefolgt von einigen neuen Stücken. Die Ausgestaltung ist nicht immer glücklich gewählt. So gut auch das neue "Panic Station" mit witzigen animierten Karikaturen der Staatschefs der Supermächte (Wladimir Putin in Badeshorts) aufwartet, das ziemlich belanglose "Animals" bleibt nur deshalb im Gedächtnis, weil ein Banker über die ins Publikum gezogene Bühne schreitet und Geldscheine um sich schmeißt, bis er sich zu den Tönen von "Spiel mir das Lied vom Tod" zu Boden wirft und minutenlang in Todesstarre verharrt, ehe ein absenkbares Bühnenelement ihn verschluckt – und "Knights Of Cydonia" folgt.

Egal, Muse sind gut drauf, Sänger Bellamy legt wie immer Kilometer auf der Bühne zurück, die Gitarre im Anschlag. Schließlich läuft er sogar die Absperrungen davor ab, um Fans abzuklatschen, was angesichts früherer Distanziertheit schön anzusehen ist. Überhaupt haben die wenigen Glücklichen, die dort vorn stehen dürfen, am meisten von dem Konzert. Einige der Songs (u.a. das uralte "Unintended") spielen Bellamy, Chris Wolstenholme und Dominic Howard auf einer zweiten kleinen Bühne inmitten des Publikums, ein bisschen also wie früher, als die etwa 1000 Menschen im Innenraum für ein ausverkauftes Konzert gesorgt hätten. Geschätzte 50 Meter Luftlinie entfernt sieht das dann schon anders aus. Da hält es die meisten Zuschauer zwar auch nicht mehr auf den Sitzplätzen, doch das Tanzen ohne Kontakt zum Nachbarn ist nur ein halbwertiger Ersatz. Knapp zwei Stunden rocken die Briten die Waldbühne, zum Abschluss gibt es "Starlight".

Mitsamt dem Support Biffy Clyro, der bei seinem Set aus hauptsächlich neuen Songs sound- und bühnenbildtechnisch weit hinter der Muse-Opulenz zurückbleibt, ein gelungener, wenn auch angesichts von Preisen über 70 Euro kostspieliger Abend.

Mischa Karth