Rezension

Mudhoney

Vanishing Point


Highlights: Slipping Away // Chardonnay // I Don't Remember You
Genre: Grunge // Garage Rock // Punk
Sounds Like: The Stooges // MC5 // Nirvana

VÖ: 05.04.2013

Schön, wenn die erste EP eine Revolution auslöst. Dumm nur, wenn man es nachher nie mehr schafft, an diesen frühen Höhepunkt anzuknüpfen. „Superfuzz Bigmuff“ von Mudhoney lieferte 1989 die Blaupause für das, was man heute Grunge nennt und machte damit dann auch die große Alternative-Rock-Revolution der 90er möglich. Gleichzeitig bildete das Album die erste Erfolgsgeschichte für Subpop. Während das Label weitere, ungleich größere Triumphe feiern sollte, wurde es stiller um die Pioniere aus Seattle. Doch anstelle schnellstmöglich auszubrennen, blieben Mudhoney beharrlich und veröffentlichen nun ihr neuntes Album zum 25. Band- und Labeljubiläum.

Hört man sich „Vanishing Point“ an, so wird schnell deutlich, wieso Nirvana und Pearl Jam zum Aushängeschild des neuen Klangs aus Seattle wurden: Versierter, abwechslungsreicher und nicht zuletzt auch zugänglicher als Mudhoney ballerten diese einem Hassklumpen um die Ohren. Während Nirvana und andere Grunge-Helden immer Stoner- und Metaleinflüsse hatten, verehren Mudhoney seit 25 Jahren nur einen Gott: Iggy Pop und seine mächtigen Stooges. Wie alle acht vorherigen Alben ist „Vanishing Point“ in erster Linie ein wüstes und schmutziges Garage-Punk-Album der Detroiter Schule. Die Vorabsingle „I Like It Small“ hausiert bereits mit dieser Einstellung: Mudhoney sind mittlerweile zu alt, abgebrüht und desillusioniert, um noch an die große Karriere zu glauben. Anstatt sich anzuschmiegen und in Gehörgänge einzusäuseln, rotzt und kreischt das Album eine gute halbe Stunde lang.

Dieses Rezept funktioniert im Opener „Slipping Away“ oder im Hardcore-Song „Chardonnay“, einem längst überfälligen hasserfüllten Abgesang auf den biederen Modewein, hervorragend. Lieder wie „What To Do With The Neutral“ hingegen klingen wie eine schlechte Stooges-Covertruppe. Mark Arm ahmt hier Iggy derart minutiös nach, dass anfangs der Verdacht aufkommt, hier hätte man ein verworfenes Outtake vom Reunion-Debakel „The Weirdness“, welches selbst den Stooges die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte, vor sich. Auch das ruhige „Sing This Song Of Joy“ geht gehörig auf die Nerven und klingt schlussendlich nur nach einem schlecht gespielten „Californication“-Riff von den Red Hot Chili Peppers und schiefem Genöle.

Natürlich ist es irgendwie bedenklich, dass eine Band es nach 25 Jahren nicht schafft, sich nur im Geringsten weiterzuentwickeln. Andererseits sollte man ein funktionierendes System wohl auch nicht umstellen. Trotzdem darf man zum Jubiläum gratulieren. Nicht zuletzt, weil „Vanishing Point“ nicht der Altersschwäche, Zahnlosigkeit und dem Versöhnungszwang erliegt, sondern immer noch leidenschaftlich tritt, beißt und wütet. Das alleine ist eine Leistung. Mudhoney altern wie ein Wein aus dem Tetrapack: gar nicht.

Yves Weber

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"I Like It Small" downloaden
www.subpop.com
"The Only Son of the Widow from Nain" downloaden
www.subpop.com

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