Rezension

Morrissey

Ringleader Of The Tormentors


Highlights: The Youngest Was The Most Loved // Life Is A Pigsty // At Last I Am Born
Genre: Chanson // Bombast-Pop // Mozz-Rock
Sounds Like: The Smiths // David Bowie // Pulp // Robbie Williams

VÖ: 07.04.2006

Il maestro colpisce ancora. Sì realmente! Il re non è guasto, lungamente vive il re! Nein, an dieser Stelle soll es nicht um Berlusconis Wiederwahl gehen und auch um nichts Anderes, als das eigentlich Wichtige: Der Padron der grande émotion hat ein neues Album rausgebracht. Was das jetzt genau heißt? Nun ja, jährlich finden sich Abertausende Jugendlicher in den Plattenläden dieser Welt ein, um ihr angebrochenes 17. Lebensjahr, die damit verbundene Pubertät, den Übergang ins Erwachsensein und die verhasste Adoleszenz zu zelebrieren. Wie geht das richtig und vor allem am besten? Klar, mit einer Smiths-CD. Und was, wenn die Sucht nach Nelkensound einfach zu groß wird, als dass man Morrisseys Soloschaffen ignorieren könnte? Richtig, da macht man sich an die Soloscheiben halt einfach ran.

Und da wären wir beim Haken: Man kann von Morrissey auf Solowegen ehrlich halten was man will. Zu jeder Platte finden sich genausoviele Hasser, wie Liebhaber und früher oder später fliegt eh wieder eine Smiths rein. Das änderte sich natürlich ein wenig, als You Are The Quarry rauskam. Das Album riss mal so eben die ganze alternative Musikwelt aus den Angeln und vielen war der Weg zu den Smiths geebnet. Leider hört man auch heute noch: "Smiths? Neeeee, kennsch net, aber wenn du geile Lyrics und dufte Gesang ham willst: Zieh dir mal Morißie rein, der ist richtig porno." Doch was macht das schon. Ich vertrete ja sowieso die Weinthese: Je oller, desto doller.

Ist echt so: Morrissey scheint seine eigene Adoleszenz nun verlassen zu haben. Wurde ja auch langsam Zeit. Zum ersten mal wird es bei ihm sogar richtig schmutzig. So bringt der Haudegen mit dem Blut und dem Herzen zum Beispiel seine vielzitierten Pulverfässer zwischen den Lenden so richtig in Wallung, und der arme Zuhörer blickt hinauf und fleht: Himmel, Gott, ihr Waldgeister, lasst den Funken überspringen. Denn Sex darf Morrissey ja mal gar nicht. Zumindest nimmt ihm das die Mysterie. Morrisseys Geheimnis ist, dass er welche hat. Dabei soll es bitte auch bleiben. Aber ich seh es mal so: Es war halt sein erstes Mal. Und das ist so oder so mies.

Nun ja, weiter im Kontext und zuerst die gute Nachricht: Mozzer bleibt Motzer. Noch immer passt ihm kaum was und wenn ihm was passt, dann passt ihm nicht, dass es ihm passt. Selbstironie hatte er ja eh noch nie so wirklich. Das Leben ist eine Schweinestall. Und Morrissey kommt sich darin wie die Mistgabel vor. Vielleicht ist er zur Aufnahme deshalb nach Rom gefahren. Da ist ja der Vatikan um die Ecke und da herrscht höchstes Reinheitsgebot. Und beim Morricone ist auch noch kein Fleck auf der Weste zu verzeichnen. Ja, auch der macht was er am besten kann: Den Refrain aus Robbie Williams Road To Mandalay nämlich: Pomp pomp pomp pomp pomp pomp pom pom, pomp, pomp, pomp, porom rompompom.

Jetzt die schlechte Nachricht, allerdings von mir ganz privat als Geheimkurier: Die ganz großen Gesten hat er auch diesmal wieder drauf, logisch, aber die Produktion ist wirklich was für Leute, die Soundanlagen unter 3000€ als Witz ansehen. Das Album ist so prall, dass man sich da schonmal fragen darf, ob die Minderwertigkeitskomplexe in einen Größenwahn umgeschwappt sind. Man höre den Anfang von At Last I Am Born. Nein, mit germanischem Heldenepos hat das nichts zu tun. Aber Wagner hätte trotzdem seinen Gefallen dran gefunden. Nicht zuletzt wegen dem Irish blood, english heart.

Was bleibt abschließend zusammenzufassen? Ich bin gespalten. Viel Lärm um Nichts? Viel Nichts um Lärm? Oder einfach nur die freudige Nachricht eines neuen Morrisseyalbums? Die Catchiness der Quarry ist jedenfalls weg. Höchstens noch auf You Have Killed Me zu finden und das klingt wie eine B-Seite des Vorgängers. Und etwas mit der Produktion hat das wahrlich nichts zu tun, verehrter Kollege Ding. Tolle Songs hat er wieder, das streite ich auch nicht ab, allein die ersten zehn Sekunden von The Youngest Was The Most Loved sind Gold wert. Aber der Gesamteindruck? Vielleicht hätte nach dem Vorgänger prinzipiell jedes Album enttäuscht. Schwierig, schwierig. Jedenfalls sollte ich mir mal die Tommy-Gun bei ihm ausleihen. Irgendwas muss gegen diese verfluchten Kinderchöre doch unternommen werden.

Konstantin Kasakov

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