Rezension

Moby

Destroyed


Highlights: After // Victoria Lucas
Genre: Ambientpop
Sounds Like: Massive Attack // Portishead // Four Tet // Trentemöller // Archive // Dido

VÖ: 20.05.2011

Das Gefühl totaler Ermattung, der inneren und manchmal auch äußeren Zerstörung. Vorzugsweise fünf Uhr morgens auf dem Heimweg. Wer sollte es besser kennen, als ein Künstler elektronischer Musik, die meist bis in den Sonnenaufgang hinein spielt? Nun nimmt sich Moby des Themas an und schafft den Gegenpol zu Durchfeierhymnen Marke „3 Tage Wach“. „Destroyed“ heißt sein neues Werk, aufgenommen in Hotelzimmern, nachts irgendwo in der Welt. Schon der Vorgänger „Wait For Me“ war recht dezent gehalten. Ambientflächen, leichtes Drumming, seichter Frauengesang – „Destroyed“ ist die konsequente Weiterführung.

Ob das in Ausführung und Länge so gelungen ist, ist schwer einzuschätzen. Weit über eine Stunde zieht sich „Destroyed“ hin. Möglicherweise zu viel Zeit für so wenig Töne. Viele Motive, Melodien, Strukturen zum Beispiel aus „Sevastopol“ und „Be The One“ tauchen immer wieder auf, so dass man sich in einem Kreis gefangen sieht. Vorbei sind die Zeiten, in denen er 1000 BPM in die Masse schickte. Heute klingt „The Low Hum“ nach Dido, „Rockets“ war doch auch schon auf „Wait For Me“, oder nicht? Die Sinne trügen, morgens um irgendwann vor Sonnenaufgang. Kalt und unpersönlich und fast gleich aufgebaut, ob man nun in einem Hotelzimmer in Berlin, London, Paris oder sonstwo ist, unterscheiden höchstens Details. Trostlos wäre eine andere Beschreibung dafür. Genau darin liegt auch die Gefahr, der „Destroyed“ ausgesetzt ist. Zu kalt, zu konformistisch, zu wenig eigenes Leben steckt auf Dauer in der Platte, von wenigen großartigen Ausnahmen („After“) mal abgesehen.

Was Moby verloren gegangen ist, ist nicht weniger als Moby selbst. Überzeugend war er, als er in Stücken wie „Lift Me Up“ Rocksongs schrieb. Überzeugend war er als Melancholiker Ende der 90er Jahre mit „Why Does My Heart Feel So Bad“. Ein Jahrzehnt später setzt er mit „Lie Down in Darkness“ den Song fort – und scheitert. Auch das Experiment, Stimmen mehrfach durch Verzerrer zu jagen, schadet eher als es nützt. Überall finden sich unpersönliche Fassaden. So gesehen ist „Destroyed“ sogar ein Industrialalbum, das dem Hörer nicht mit Härte, sondern kalter Abweisung zu verstehen gibt, dass eine austauschbare Hotelwelt kein Ziel sein kann.

Klaus Porst

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