Rezension
Midlake
The Trials Of Van Occupanther
Highlights: Young Bride // Branches // It Covers The Hillside
Genre: Weird Folkrock
Sounds Like: Rogue Wave // The Decemberists // The Flaming Lips // Neil Young
VÖ: 02.06.2006
Sie supporteten in diesem Jahr u. a. die Flaming Lips, und in Erwartung eines solchen Hauptacts verschwendet man auf die Vorgruppe zunächst keine großen Gedanken. Dann standen sie auf der Bühne der Hamburger Markthalle und zogen und sogen in den Bann. Wäre der Konzertabend danach beendet gewesen, hätte allein dieser Auftritt gereicht, um trotzdem glücklich und beseelt nach Hause gehen zu können. Dass der Gig der Flamings Lips die eine oder andere Person danach in den Himmel katapultierte, sei hier nur am Rande erwähnt.
Die Geschichten musikalischer Art, die Midlake unter das Publikum streute, wurden von einer Dia- und Filmsequenzshow untermalt, und auf der Bühne standen Musiker, die rein vom Äußeren so gar nicht zu dem faszinierenden Musikstil passen wollten - das alles wirkte in dieser Konstellation interessant und live nahezu magnetisierend. Natürlich musste danach am Merchstand die aktuelle Platte von ihnen gekauft werden.
Und was für eine Enttäuschung dann beim Abspielen der Scheibe auf dem heimischen Player. Da kam zunächst so gar nichts von dem aus den Boxen, was den Charme und die Faszination während des Konzerts ausgemacht hatte. Es blieb zunächst nur karohemdtragender Vollbartfolkrock langweilig in der Luft kleben und bewegte gar nichts. Das war nicht gut, das war erschreckend - und ziemlich genau das, was man nicht wollte. Und im Grunde entsprach es damit eher der Erwartung, die man vom äußeren Erscheinungsbild der Musiker haben könnte, wenn man in Schubladendenken verfallen würde.
Aber wer täte solches - und das womöglich auch noch vorschnell? Da zumindest das Konzert großartig war und magische Momente hatte, gibt man jener Platte eine zweite Chance. Und es folgte ein dritter Hörversuch, dem ein vierter...und...plötzlich wird sie mit jedem Durchlauf größer. Es dominiert der Harmoniegesang der 70er-Jahre-Folkrocker, dennoch klingt nichts so, als wäre es aus dem Kellerloch einer Holzhütte im tiefen Westen ausgegraben worden. Immer schwingt ein kleiner schräger Moment mit, geht ein Instrument einen ganz eigenen Weg oder perlt in einem unerwarteten Moment einfach so dazu.
So balgen progressive Gitarrensoli und melancholische Piano-, Flöten- oder auch Balalaikaleichtigkeiten spielerisch miteinander, werden niemals böse, nicht laut und bleiben immer eine Spur wehmütig, ohne allzu traurig oder zu leise zu sein. Und natürlich spielt auch die texanische Herkunft der Band eine Rolle, die Landschaft, das Althergebrachte, die Weite und die Einsamkeit, Lebensträume und die Berg- und Talfahrt in Sachen Liebe. Das Ganze schafft schräge Klangbilder, die in ihren grössten Momenten richtig zauberhaft daherkommen und dennoch einer skurrilen Slideshow aus alten Schwarz-Weiß-Fotos mit vergilbten Rändern gleicht.
Midlake schaffen ein Klangvakuum, das aus dieser schnellen Welt rauszerrt, kurz innehalten und friedlich verträumt dreinblicken lässt, ohne das man beschreiben könnte, was genau da nun passiert. Mysteriös. Wie der Plattentitel.
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