Rezension
Midlake
Antiphon
Highlights: Provider // Aurora Gone // Ages // Vale
Genre: Psychedelic Rock // Progressive Rock // Folkrock
Sounds Like: Fleetwood Mac // Crosby Stills & Nash // Fleet Foxes // Tame Impala
VÖ: 01.11.2013
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, so schrieb Hermann Hesse 1941 in seinem Werk „Stufen“ und bugsierte sich damit viele Jahre später leider ungewollt in sämtliche Poesiealben, gleich neben so geistreiche Sätze wie „Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum“ oder „Lebe jeden Tag so, als wäre es dein Letzter.“ Dass in Hesses Worten aber mehr Wahrheit als in all den anderen Sprüchen zusammen steckt, wird immer wieder in unterschiedlichsten Lebenslagen sichtbar – letztendlich auch in der Musik. Neuestes Beispiel: "Antiphon", das mittlerweile vierte Album von Midlake.
Als die Band im August dieses Jahres bekannt gab, dass sie im November ein neues Album releasen würde, allerdings ohne Sänger Tim Smith, war von einem Anfangszauber zunächst jedoch überhaupt nichts zu spüren. Vielmehr befürchtete man den Anfang vom Ende, schließlich war Smiths Stimme einzigartig und prägte unmittelbar den Sound der Band aus Texas. Doch Smith sah sich selbst zunehmend nicht mehr als Teil von Midlake, er war unzufrieden mit den neuen Songs, die die Band nach der Tour ihres letzten Albums „The Courage Of Others“ einspielte, und er bekam das Gefühl nicht los, die Band in ihrem weiteren Entwicklungsprozess zu behindern. Und so entschied er sich, Midlake den Rücken zuzukehren, um sich zukünftig auf sein Soloprojekt „Harp“ zu konzentrieren, und das zu einem Zeitpunkt, als mit „Seven Long Suns“ theoretisch schon ein komplett fertiges Midlake-Album in den Startlöchern stand. Nach anfänglichem Schock und einer gewissen Lähmung über diese Entwicklung ließ sich der Rest der Band dann jedoch nicht entmutigen und nahm innerhalb weniger Monate zehn neue Songs auf, die sich nun auf „Antiphon“ wiederfinden.
So groß und berechtigt die Skepsis vor dem Release des neuen Albums also war, so schnell wird beim ersten Hören deutlich, wie recht Hermann Hesse mal wieder hat. Denn was die übrig gebliebenen Mitglieder der Band da abgeliefert haben, darf gut und gerne als die Überraschung des Jahres gesehen werden. Denn "Antiphon" ist mehr als ein unüberlegter Schnellschuss, mehr als ein Lückenbüßer und vor allem mehr als irgendein Ersatzstück. Es ist ein Neuanfang, der mit dem bisherigen Klassik-Rock von "The Trials Of Van Occupanther" oder dem Folk von "The Courage Of Others" nur noch selten in Berührung kommt, stattdessen aber deutlich psychedelischer und progressiver klingt und teilweise sogar wieder Vergleiche mit dem Debütalbum „Bamnam And Silvercork“ zulässt.
Die treibenden Basslines, die verzerrten Gitarren und die verworrenen Keyboards kommen in den geradlinigen Songarrangements perfekt zur Geltung und ergänzen sich wunderschön mit der Stimme von Gitarrist Eric Pulido, der Smiths Platz in der Band eingenommen hat. Allerdings weiß Pulido um die Einzigartigkeit von Smiths Gesang und versucht daher erst gar nicht, wie ein Abbild von ihm zu klingen, sondern gibt dem Sound durch seine zurückhaltende, tiefe Stimme eine ganz eigene Richtung. Lediglich das Flötenspiel von Jesse Chandler, die wundervollen Harmoniegesänge und die immer noch vorhandene Melancholie der Stücke lassen Erinnerungen an die beiden Vorgängeralben zu, bei allen anderem beweisen sich mal wieder Hesses Worte: "Antiphon" ist ein zauberhafter Neuanfang.
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