Rezension

Mew

And the Glass Handed Kites


Highlights: Apocalypso // Chinaberry Tree // The Zookeeper's Boy
Genre: Progressive Pop
Sounds Like: M83 // My Bloody Valentine // Aereogramme

VÖ: 03.02.2006

Progpop. Was? Ja, Sie haben richtig gelesen! So nennen Mew ihre Musik selbst, oder zumindest wehren sie sich nicht gegen die Schublade. Tatsächlich trifft es die Beschreibung trotz ihrer Absurdität ganz gut.

Denn, was ist Pop, wenn nicht eingängige Melodien und süßlicher Gesang. Und was charakterisiert progressive Musik, wenn nicht Vielschichtigkeit, enormer Druck, musikalische Schwere und Brüche im Songkonzept.

All das finden wir auf „And The Glass Handed Kites“. Die Unterschiede zum Vorgänger „Frengers“ – der mir auch erst dieses Jahr, trotz vormaligem Ausverkauf in den Player kam – sind auffällig. „…Glass Handed…“ ist poppiger Prog. „Frengers“ war progressiver Pop. Heute überwiegt die Monumentalität, damals der Song. Entsprechend ist „…Glass Handed…“ kein Album, dass man mit 30 Sekunden Schnipseln bei Saturn oder Amazon erfasst. Andauernder Konsum, eine Wiederholung nach der anderen, immer wieder Hören, das ist das Vorgehen, das einen in die Welt von Mew im Jahre 2006 einlässt. Wem das als zu schwere Kost erscheint, … OK.

Musikalisch erzeugen Bands dieses Genres Brüche, Schwere und Melodie häufig durch Gitarren, hier jedoch dominieren Keyboard und Synthesizer, aber nicht nur bei „Apocalypso“ kommen die Gitarren nicht zu kurz. Dabei ist der „Wall of Sound“ nicht so undurchlässig wie bei M83 oder My Bloody Valentine, sondern lässt häufiger elfenhafte und zuckersüße Melodien durchblicken; die auch mal die Kontrolle übernehmen dürfen; Melodien zudem, die sich im Laufe eines Songs verwandeln, einen eigenen Weg suchen und doch im Zusammenklang mit dem Gesang die Musik von Mew zusammenhalten. Diese vereinigenden Komponenten erzeugen auch den besonderen Reiz dieses Albums.

Eine Nähe zu Kashmir herzustellen, ist nicht falsch, nicht nur weil beide Bands aus Dänemark kommen, dort Starstatus besitzen und bei uns im Wust der Veröffentlichungen untergehen. Vor allem aber mag es erlaubt sein, weil durchaus auch Kashmir eine progressiv orientierte Musik mit hoher emotionaler Intensität und Poppigkeit spielen.

Die Frage, ob es sich lohnt, die Auseinandersetzung mit diesem schwerwiegendem Album zu suchen, kann nicht ohne weiteres bejaht werden. Monumentale und kitschige Vielschichtigkeit mag einen überfordern, was einen nach einer solchen archäologischen Anstrengung aber belohnt, …

Oliver Bothe

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