Rezension

Metz

Atlas Vending


Highlights: Pulse // Hail Taxi // A Boat to Drown In
Genre: Noise-Rock // Punk
Sounds Like: The Jesus Lizard // Pissed Jeans // Girl Band

VÖ: 09.10.2020

Irgendwann erwischt es dich. Du musst Kredite abstottern, schiebst Überstunden, um die Ausbildung deiner Kinder zu finanzieren, und beginnst, die Nachtruhe doch als sinnvolle Errungenschaft anzusehen. Du wirst Teil des Systems und fragst dich, wie man Punk und Zukunft miteinander verbinden kann. Die kanadische Band Metz legte wohl eine der überraschendsten Karrieren des letzten Jahrzehnts im Bereich der harten Musik hin: Mit unermüdlichen Touren und wüsten Konzerten schaffte sie es, weit über engmaschig gestrickte Genregrenzen hinweg Erfolg einzufahren. Nun stehen sie mit ihrem vierten regulären Album für Sub Pop vor dem Scheidepunkt: Wie bringt man Kompromisslosigkeit und Weiterentwicklung unter einen Hut?

„Atlas Vending“ ist ein Übergangsalbum, obwohl man das beim Anhören des atonalen Openers „Pulse“ erst mal gar nicht merken will. Pate stehen immer noch „Bleach“ von Nirvana oder die alten Amphetamine-Reptile-Bands: Die Gitarren knurren maximal verzerrt, das Geschrei von Alex Edkins bleibt unverwechselbar und die Drums von Hayden Menzies würden in vergangenen Jahrhunderten Galeeren antreiben. Doch je mehr Zeit man mit diesem Album verbringt, desto stärker wird deutlich, dass auf jedes brutale „Blind Youth Industrial Park“-Gewitter unerwartete Lichtblicke folgen, die das dunkle Riffgewitter auflockern: So bricht „Hail Taxi“ in der Mitte auf, um doch Platz für filigranere Gitarrenmelodien zu machen. Auch „Framed By The Comet’s Tail“ drosselt das Tempo und nimmt sich Zeit, um instrumentale Parts atmen zu lassen. Den Höhepunkt dieser neuentdeckten Freude an der Öffnung markiert der Abschlusssong „A Boat to Drown In“, der über siebeneinhalb Minuten fast schon Shoegazer-Klangteppiche ausbreitet, sogar etwas wie klassische Gesangsmelodien andeutet und schlussendlich in einem fulminanten Instrumentalteil implodiert.

„Atlas Vending“ zeigt eine Band in der Entwicklungsphase, die zwar an alten Qualitäten festhält, trotzdem nicht davor zurückscheut, Neues zu wagen. Ganz vollzogen ist der Wandel noch nicht und irgendwie wünscht man sich gerade aufgrund der Qualität der letzten Lieder, dass Metz den hier angedeuteten Weg noch konsequenter verfolgen würden, doch dafür gibt es ja dann noch das nächste Album. Die Zukunft kann kommen.

Yves Weber

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Musikvideo zu "A Boat to Drown In"

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