Rezension

Mediengruppe Telekommander

Die Elite Der Nächstenliebe


Highlights: Billig // Nehmen // Wer Bist Du // Überzahl
Genre: Elektro-Punk-Rap
Sounds Like: Beastie Boys // Saalschutz // Egotronic // Bratze

VÖ: 19.08.2011

Zehn Jahre, vier Alben und unzählige in Schutt und Asche gefeierte Clubs – nun ist Schluss mit der Mediengruppe. Das muss uns gar nicht Leid tun. Das lachende und das weinende Auge zwinkern sich zum Abschied nochmal zu. Denn Fakt ist: was vor zehn Jahren neu und erfrischend war, ist spätestens seit Audiolith und der Transformation des vermeintlich konsumkritischen Electro-Punk-Rap zur Pseudolinken-Parolendrescherei am Ende. Meint man zumindest.

Doch Florian Zwietnig und Gerald Mandl lieben es paradox. Ihre gesamte musikalische Laufbahn war geprägt von einer gewissen Zweischneidigkeit, innerhalb derer sie ihre konsum- und medienkritischen Texte einer Zielgruppe entgegenschmetterten, die nicht selten selbst der Nährboden dieser Kritik war. Innerhalb dieses paradoxen Kreisels bewegte sich die Mediengruppe fortan auf konstant gutem Niveau, wurde zu den "deutschen Beastie Boys" gekürt und trotz des relativ schwachen "Einer Muss In Führung gehen" schaffen es Mandl und Zwietnig ausgerechnet auf ihrem letzten Streich unter dem geistreichen Titel "Die Elite Der Nächstenliebe", noch einmal die gesamte Stärke der zehnjährigen Bandgeschichte zu subsumieren. Punk-Strukturen prallen auf elektronischen Boden und werden um eine gute Prise österreichisch gefärbten Sprechgesangs ergänzt. "Billig", "Wer bist du" oder "Überzahl" schicken einen auffordernden Tweet hinaus an die Digital Natives und bringen ein kleines bisschen aufständischer Energie an die Bildschirme unzähliger MacBooks.

"Wir wollen alles kaputt kaufen, und was wir wollen direkt wieder umtauschen" heißt es in "Nehmen" – nur ein Beispiel für konsum- und sozialkritische Songs mit Hymnencharakter. Davon gibt es nämlich zum Abschluss ganze 13, die die Playlist für die Abschiedstour noch einmal bereichern. Und während andere Kollegen nicht begriffen haben, dass ihre Zeit gekommen ist, respektive nie da war, haben die Pioniere des Genres am Ende das "Stoppschild" erreicht, bleiben stehen und lassen die Jungs und Mädels in deutschsprachigen Gefilden alleine mit ihren iPads und dem Gedanken, dass da doch irgendwo mehr sein muss. Und irgendwie klingt auch das wieder unfassbar paradox.

Andreas Peters

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