Rezension
Mediengruppe Telekommander
Einer muss in Führung gehen
Highlights: Einer muss in Führung gehen // Notausgang
Genre: Elektro // Indie-Rock // Dt. Hip Hop
Sounds Like: Saalschutz // 1000 Robota // Beastie Boys // Frittenbude // Egotronic // Die Türen // Bloc Party
VÖ: 28.08.2009
What’s that noise? – das fragt sich beim Hören der Mediengruppe Telekommander schon kaum einer mehr. Ein fester Bestandteil der deutschen Musiklandschaft sind Gerald Mandl und Florian Zwietnig mittlerweile geworden, auch wenn der Bandname auf den ersten Blick immer noch etwas befremdlich wirkt. Die Musik des Duos entwickelt sich jedoch immer organischer, denn „Einer muss in Führung gehen“ hat nicht mehr ausschließlich Laptop-Beats, sondern auch echte Drums am Start, die mittlerweile auch bei Livekonzerten zum Einsatz kommen. Mit Eletronischem wird dennoch nicht gegeizt, so dass der Grundtenor des neuen Albums sich durchaus noch im Dunstkreis seiner Vorgänger bewegt - vielleicht um eine Spur düsterer gefärbt, wie das mäßige Elektro-Instrumental „Alles bleibt besser“ und das rezitative „Es gibt immer was zu tun“ zeigen.
Letztgenannter Song ist auch ein hervorragendes Beispiel dafür, wie die Lyrics der Mediengruppe bevorzugt gestaltet sind. Fragestellungen, mit denen sich der Mensch in der heutigen Gesellschaft konfrontiert sieht, werden zuhauf unzusammenhängend in den Raum geworfen, ohne sich aber wirklich damit auseinanderzusetzen. Gäbe es eine internationale Meisterschaft im Phrasendreschen und darin, mit etwas Lärm und Ruhestörung // und Verachtung im Gepäck Parolen durch die Gegend zu schreien, wäre das Wiener und Berliner Duo sicher vorne mit dabei. Ein tieferer Sinn ist, mit Ausnahme der Lyrics des nervigen „Über Alles“, die wohl den neuen deutschen Patriotismus karikieren sollen (Zu Schwein am Spieß und Sangria aus Eimern // feiern wir das Gänsehautgefühl), meist nicht eindeutig auszumachen.
Deshalb legt man über die Texte lieber den Mantel des Schweigens und hört Mediengruppe Telekommander am besten da, wo man sowieso nicht darauf achtet: nämlich live oder im Club, wo die trotz physisch vorhandenen Drums nach wie vor fetten Beats erst richtig zur Geltung kommen. Auch die knackigen Basslines haben einiges für sich. Der Titeltrack „Einer muss in Führung gehen“ wird mit seinen schiefen Tremolos auf der E-Gitarre zum echten Brett, während „L’Esprit Nouveau“ sich ungewohnt catchy präsentiert und „Notausgang“ gefällig den Brückenschlag zu Bloc Party vollzieht. Zusammengefasst: Musikalisch zeigt sich die Mediengruppe durchaus viel-, textlich aber nach wie vor einseitig. Das war vielleicht auf „die ganze Kraft einer Kultur“ noch aufsehenerregend, entlockte den meisten aber schon beim gleichwohl unterschätzten „Näher am Menschen“ nur noch ein Gähnen und funktioniert nun, zumindest auf Platte, gar nicht mehr. Zeit wird’s für ein neues Konzept – oder Liveshows jahrein-jahraus. Die kann man nämlich nach wie vor jedem nur ans Herz legen.
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