Interview
Mediengruppe Telekommander
Ich hab mir gerade eben noch euer neues Video auf eurer Homepage angeschaut. Ich glaub das wird jetzt den Gesprächsfluss sehr beeinflussen.
Flo: Das ist auch gut so. Wir reden sehr gerne drüber.
Ihr habt ja wirklich dort drüben gedreht und nicht hier in einer BlueBox in irgendeinem Studio. Diese Szenen mit den Menschen, ward ihr da auch selber dabei oder hat das ein Team für euch gemacht?
Flo: Wir waren mit der Filmproduktionsfirma, mit der FilmLounge in Berlin, da. Es gibt zwei Regisseure mit denen wir uns sehr gut verstehen.
Was hat denn eure Plattenfirma gesagt? War ja bestimmt nicht ganz so billig.
Flo: Die war im Nachhinein total zufrieden. Die wussten das ja nicht, das war ja der Clou dabei. Die hatten das Geld schon überwiesen und es war total anstrengend ein gutes Thema für das Video zu finden. Die Film-Lounge hat andauernd irgendwelche Treatments geschrieben die wir nicht so geil fanden, die Plattenfirma wollte andauernd ein Live-Video und wir wollten was anderes, wussten aber nicht genau was. Und dann haben wir voll lange rumdiskutiert, bis wir eines Abends in eine Bar gegangen sind und wir dann überlegten: "Was würden wir denn mit dem Geld machen wenn wir keine Vorgaben hätten?" Und da meinte einer von der Firma: "Dann lass uns in die Pop-Stadt überhaupt -nach Las Vegas- fliegen."
Ist die Version von der Homepage mit den Gesprächsfetzen auch die Version, die an die Musiksender ging?
Beide: Ja
War euch von vornerein klar, dass das nirgendwo läuft?
Flo: Ziemlich sicher. Aber das läuft bei Fast Forward.
Gerold: Das war auch schon bei unserem ersten Video so. Du musst da ein bestimmtes Level erfüllen, das wir auch gar nicht einhalten wollen.
Flo: Das ist schon schade. Weil man merkt wie wichtig das Musikfernsehen dafür ist, dass Leute mit einem in Kontakt kommen.
Den Inhalt kann man sicher verschieden auslegen. Aber es ist schon etwas zynisch gegen Amerika, oder?
Flo: Ist es gar nicht so. Es geht ja, wenn man den Inhalt des Songs anhört, um Popkultur. Es ist irgendwie sehr populär Amerika mit einzubinden, deswegen ist auch dieser Armi-Clip kurz drinnen. Es ist irgendwie schick und populär antiamerikanisch zu sein. Es ist nicht so Amerika-kritisch, wir wollen eher aufzeigen wie populär das eigentlich ist, dass man damit hausieren geht.
Es ist also nicht gegen Amerika, sondern gegen den allgemeinen Anti-Amerikanismus?
Flo: Ja, die Amerika-Kritik als Pop verwenden nur um Aufmerksamkeit zu kriegen.
So ist ja auch das Album. Das soll ja gar nicht gegen Medien sein, sondern gegen die, die in den Medien funktionieren.
Flo: Genau, von Innen und nicht von Außen heraus kritisiert. Das man Teil des Ganzen ist und sich selbst auch nicht so Ernst nimmt.
Wir haben mit Thomas von The Robocop Kraus geredet. Der hat gemeint es kotzt ihn an, dass es schick ist revolutionär zu sein. Wie positioniert man sich da als Band?
Flo: Die Positionierungsfrage ist uns schon immer schwer gefallen, weil wir nie eine Seite beziehen wollten der man was entgegensetzen kann. Wir wollten eher die ironischen, kritischen Beobachter sein. Diese Anti-Amerika Diskussion steht gar nicht zur Frage, meiner Meinung nach. Es gibt eine klare Anti-Bush Haltung, aber der Antiamerikanismus ist auch so wellenmäßig. Mal wieder mehr, mal wieder weniger. Und gerade wird es halt wieder medial ausgeschlachtet. Deswegen haben wir für das Video auch Amerika als Thema gewählt.
Wir reden hier in Deutschland zur Zeit irgendwie sehr gerne über Amerika, dabei haben wir sicherlich zur Zeit auch selbst genug Probleme.
Gerold: Ist ja auch einfacher ein anderes Land zu kritisieren als das eigene.
Flo: Ich war als Teenager öfter da und mir ist ganz stark aufgefallen wie amerikanisch Deutschland schon geworden ist. Der Kontrast ist nicht mehr so stark wie früher. Früher war ich da und hab gedacht: "Das ist echt anders hier." Das hat mich nun alles nicht mehr verwundert, weil es bei uns genauso ist.
Reden wir über eure Liveshows. Ihr habt jetzt auf der Clubtour ein paar Sachen dabei, die auf den Festivals noch nicht möglich waren...
Gerold: So fern es die Location zulässt, haben wir Beamer und Kameras dabei.
Flo: Heute probieren wir was ganz Neues aus. Das ist genau das was wir wollten. Wir wollten nicht so Visual-Kunst, so wie es gerade in den Clubs angesagt ist, mit totalem Overkill von graphischen Zeichen und wo es nur um optisches Bombatement geht.
Gerold: Das was auf der Leinwand passiert ist auch das was auf der Bühne passiert. Wir haben so viele Effektgeräte vorne an der Bühne, das sehen sonst nur die ersten Reihen. Die Hinteren sehen das dann nicht mehr und denen bringen wir das auf den Monitor.
Flo: Aber wir haben noch einige Visionen. Nächstes Jahr wird es noch ein Level dazu geben.
Es gibt zur Zeit unheimlich viele Gitarrenbands die sich am Laptop bedienen oder auch viele Elektroacts, die nun wieder mit Livemusikern zusammenarbeiten. Da fallen mir The Rapture, The Robocop Kraus oder auch Peaches ein. Mit dem Melt!-Festival hat man inzwischen auch ein eigenes Festival etabliert was in diese Richtung geht. Seht ihr das als Szene?
Flo: Szene? Ist fast schon eine Musikrichtung, oder?
Gerold: Ja, man hat das doch versucht mit "Elektro-Clash" zu benennen. Es gibt halt unheimlich viele Bands die versuchen die verschiedenen Medien miteinander zu kombinieren. Das ist sehr interessant, weil es das halt erst seit ein paar Jahren gibt. Diese Heimproduktionssache ist auch interessant. Das die Leute alles von zu Hause machen können. Keiner muss mehr in ein sauteueres Studio gehen um Tracks zu produzieren.
Gibt das der in den letzten Jahren etwas unkreativen Elektro-Szene wieder die notwendigen Impulse?
Flo: Es gibt in Berlin ja jetzt auch wieder einen ganz großen Techno-Boom. Zum Beispiel das was Shitkatapult machen. Diese Strömung zurück zum Acid ist auch wieder im Kommen. Vor ein paar Jahren gab es ja auch das Rock-Revival mit den Strokes und The White Stripes. Das wird sich irgendwo jetzt treffen. Musiktrends nacheinander wird es nicht mehr geben, das vermischt sich jetzt und funktioniert parallel.
Vieles davon kommt aus Berlin. Ist da wirklich im Moment soviel los oder ist das nur der Berlin-Hype?
Gerold: Ich glaube das war 1998 auch schon so. Damals ist unheimlich viel im Elektro-Bereich passiert.
Flo: Das ist jetzt nur Medial präsenter. Es gab immer viele Szenen. Ich find das geil an Deutschland dass es mehrere Metropolen gibt. Du hast quasi fünf Medienstädte. In Köln gab es auch immer eine Elektro-Szene und Hamburg war ja auch jahrelang das Zentrum für HipHop und davor Gitarrenmusik. Man braucht in den Medien halt immer etwas was schick und modern ist. Aber es ist jetzt nicht so, dass es in Berlin gerade an jeder Ecke nach Kunst riecht. Damals waren ja auch Nick Cave, David Bowie und Iggy Pop parallel in Berlin. Und da war es auch nicht so.
Was steht nach der Tour als nächstes an?
Flo: Wir arbeiten jetzt Anfang nächsten Jahres erstmal an einer DVD. Und dann mal sehen. Wir haben noch nie so wenig Musik geschrieben wie im letzten halben Jahr. Wir müssten uns mal wieder aktiv hinsetzen.
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Rezension zu "Einer muss in Führung gehen" (2009)
Konzertbericht (2005)
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