Rezension
Machine Head
Unto The Locust
Highlights: I Am Hell (Sonata in C#) // Locust // The Darkness Within
Genre: Metal
Sounds Like: Trivium // Protest The Hero // Metallica // Avenged Sevenfold // Soulfly // Sepultura
VÖ: 23.09.2011
Das Vorgängeralbum "The Blackening" wies die Richtung: Machine Head sind ein für alle Mal weg von straightem Thrash-Metal-Geknüppel, das nur wenige Minuten pro Song benötigt, um die Gehörgänge auseinander zu nehmen. Letztes Mal waren es acht wahrhaft epische Stücke auf 61 Minuten, die die eigenen, eigentlich sehr hohen Ansprüche fast noch tiefgestapelt erscheinen ließen. "Unto The Locust" ist zwar ungefähr eine Viertelstunde kürzer, füllt die Spielzeit allerdings auch mit einem Titel weniger – und verkörpert doch eine kaum noch für möglich gehaltene Steigerung, die Machine Head endgültig zur neuen Referenz des modernen Metal empor heben.
Warum? Weil "Unto The Locust" das vielseitigste, energiegeladenste und mitreißendste Stück Schwermetall ist, das einem seit Ewigkeiten untergekommen ist. Schon der Opener "I Am Hell (Sonata in C#)" stellt das in eindrucksvoller Manier unter Beweis. Symptomatisch steht er für eine Platte, die vor grandiosen Momenten nur so strotzt. An die Stelle der düsteren Choräle, die den Track einleiten, tritt schnell ein Gewittersturm, dessen Donnerschläge eigentlich in Lexika als Umschreibung des Begriffes "Kraft" stehen müssten. An sich nichts Neues, das konnten Machine Head früher auch schon. Heutzutage aber ist das nur Teil eins von drei. Das folgende Thrash-Intermezzo zieht ein solches Tempo auf, dass 99% aller Drummer danach völlig ausgepumpt in der Ecke liegen würden. Nicht so Dave McClain. Der hat auch noch die Power für das Finale Furioso, bei dem allerdings eher das Tremolo-Feuerwerk aus der Leadgitarre von Frontmann Robb Flynn im Vordergrund steht.
Auch stimmlich wirft Flynn alles in die Waagschale, was er zu bieten hat. Und da ist er ziemlich wandlungsfähig. Zwischen markerschütterndem Geschrei und nahezu cleanem Gesang ist jedenfalls – immer perfekt an die Situation angepasst – alles dabei. Ruhigere Abschnitte gibt es nämlich durchaus, so dass beispielsweise die ersten zwei Minuten von "The Darkness Within" einen fast verletzlichen Eindruck machen. Solchen Abwechslungsreichtum würde man angesichts der brachialen Urgewalt vieler Passagen des Albums vielleicht gar nicht erwarten, aber genau dieser Überraschungsmoment ist das Tüpfelchen auf dem i und Alleinstellungsmerkmal gleichermaßen.
Zu keinem Zeitpunkt gleitet ein Song jedoch mehr ins Experimentelle ab, als es zu Machine Head passen würde. Trotz einer durchschnittlichen Titellänge von sieben Minuten entsteht nie der Eindruck von Langatmigkeit. Alle Riffs, Soli, Breaks, die zahlreichen Tempowechsel und sonstigen Songelemente sind genau da, wo sie hingehören – und leisten ihren eigenen, kleinen Beitrag dazu, dass viele Metal-affine Hörer nach den knapp fünfzig Minuten ihre Kinnlade erstmal wieder vom Boden aufsammeln werden müssen. Vielleicht hätte der Pathos im Abschluss "Who We Are" etwas moderater ausfallen können. Doch das ändert nichts daran, dass "Unto The Locust" die Genre-Messlatte verdammt hoch setzt. So hoch, dass sie wahrscheinlich zumindest im Jahre 2011 niemand mehr überqueren wird.
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