Rezension

Locas In Love

Lemming


Highlights: Auto Destruct // Manifest // An Den Falschen Orten // Spoiler Warning // Die Zehn Gebote
Genre: Indie
Sounds Like: Kante // The National // Pendikel // Pavement // Weezer

VÖ: 01.07.2011

Wollte man Locas in Love für einen Eintrag im Guinness-Buch des deutschen Pops nominieren, man müsste sich zunächst entscheiden, ob man Stefanie Schrank, Björn Sonnenberg und Jan Niklas Jansen die hoffnungsloseste oder die hoffnungsvollste Einstellung der hiesigen Musikszene zuschreiben wollte. Vielleicht anders gefragt: Ist der Lemming im Endeffekt der wackere Fratz, der sich allen Widrigkeiten zum Trotz auf den Weg zu einem Ort macht, an dem er es besser hat – oder doch der unidentifizierbare Teil einer Masse, die letztendlich in den Abgrund stürzen muss?

Der Rahmen, den Locas in Love ihrem „Lemming“ geben, würde eher auf die pessimistische Lesart schließen lassen: Der hektische, internetexklusive Spoken-Word-Track „Vs. Kong“, in dem Björn Sonnenberg allen Aussagen, die neu entstehende Musik machen kann, jegliche Originalität und Individualität abspricht, sollte ursprünglich das Album einleiten; wenn im abschließenden „Die Zehn Gebote“ darüber sinniert wird, dass man manche Gefühle, die sowieso jeder hat, aus diesem Grund eigentlich überhaupt nicht zu thematisieren braucht, wirkt das ähnlich.

Was Locas in Love dennoch zur wohl liebens- und umarmungswürdigsten Band des Landes macht: Der von ihnen beharrlich vermittelte Wille, das Beste aus diesen denkbar schlechten Rahmenbedingungen zu machen. Wie die Asche den Phoenix sendet so auch der sonnige Westcoastpop von „Manifest“ die von Kyle Resnick (The National, Sufjan Stevens) eingespielte Trompete in höchste Höhen, während der Text Hass und Liebe sich die Hand reichen lässt; ebenso erkennt „Die Zehn Gebote“ dann doch noch den einen ganz besonderen Menschen als ausreichendes Alleinstellungsmerkmal für den anderen. Dass niemandes Leben die Hölle ist, sondern maximal eine Vorhölle, weiß zu Noiserock in Moll wiederum auch „Spoiler Warning“.

Locas in Love lehren, es genauso zu machen, wie sie es in den vier Minuten purer Euphorie, die „Auto Destruct“ ist, sowie in „Über Nacht Ist Ein Ganzer Wald Gewachsen (Das Licht Am Ende Des Tunnels Ist Ein Zug)“ vorschlagen: Die hoffnungslosen Situationen, die das Leben manchmal bietet, als solche zu identifizieren, um sie dann wie eine Münze auf den Bahngleisen der Zerstörung zu überlassen und sich auf den Weg zu etwas Besserem aufzumachen. Ebenso wie der Lemming also, dessen Reise übrigens in Wahrheit nur im Klippensprung endet, wenn Tierfilmer von Disney mitreißende Bilder wollen und entsprechend nachhelfen. Wäre diese Lemming-Legende von Locas in Love ausgegangen – der wackere Fratz würde sein Ziel jedes Mal erreicht haben. Oder es zumindest verdammt nochmal versuchen. Allen Widrigkeiten zum Trotz.

Jan Martens

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Video zu "An Den Falschen Orten"

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Stream von "An Den Falschen Orten"
Stream von "Auto Destruct"
Download des Non-Album-Tracks "Vs. Kong"
www.locasinlove.com

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